Presidential Election 2016 - Nachbetrachtung

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  • RE: Kindskopf

    gruener (Luddit), 21.03.2017 04:04, Antwort auf #149

    Kleiner Nachtrag zum unterkühlten Rendezvous: Die FR stellt ein paar hübsche Twitterbilder aus den Staaten zusammen. Ganz amüsant.

    http://www.fr.de/politik/bemerkenswert-befremdlich-peinlich-so-lacht-das-netz-ue ber-merkels-besuch-bei-trump-a-1242686 [fr.de]


    nicht böse sein, aber die lustigkeiten, die die FR zusammenstellt, erfüllen für mich eher den strafbestand des kabarett würdigen. um martin buchholz anzuführen: tumor ist, wenn man trotzdem lacht. (KEIN tippfehler)

  • Woche der Wahrheit

    Wanli, 21.03.2017 23:20, Antwort auf #151

    Tja, vielleicht sagt Dir der nächste Artikel der FR mehr zu; das Blatt zeichnet die Aussagen der FBI- und NSA-Chefs im Kongress zu den laufenden Untersuchungen gegen Personen aus Trumps Umfeld sowie den Vorwürfen des Präsidenten nach, Obama habe ihn bespitzeln lassen. Ziemlich starker Tobak, den die beiden Behördenchefs ihrem obersten Dienstherrn da kredenzen.

    http://www.fr.de/politik/usa-ein-boeser-oder-kranker-mann-a-1243587

    Die Woche hält aber voraussichtlich noch einen weiteren Höhepunkt bereit: Vermutlich wird am Donnerstag oder Freitag im Repräsentantenhaus über das Gesetz zur umfassenden Umgestaltung von Obamacare abgestimmt werden. Da ergibt sich eine ganz nette Dynamik: Für Sprecher Paul Ryan wäre es sehr wichtig, das Gesetz durch seine Kammer zu bringen, hat er es doch wesentlich mitgestaltet  - würde es nach all seinen Anstrengungen (und kürzlich weiteren Zugeständnissen an die innerparteilichen Gegner in seiner Fraktion)  scheitern, wäre das auch eine herbe persönliche Niederlage.

    Danach wäre es dann am Senat, dem Gesetzentwurf zuzustimmen (und ihn dabei vermutlich aufzuweichen); geschieht auch das, würde (falls der Senat nicht einfach die Bill aus dem House abnickt, was eher unwahrscheinlich scheint) ein Kompromiss ausgetüftelt, dem wiederum beide Kammern zustimmen müssten.

    http://www.electoral-vote.com/evp2017/Pres/Maps/Mar21.html#item-5

    Hier hat natürlich jeder der Akteure seine eigenen Prioritäten. Ryan muss das Ding irgendwie durchs House prügeln, was dann im Senat geschieht, könnte er zunächst einmal mit einer gewissen Gelassenheit verfolgen. Viele GOP-Senatoren dagegen werden heimlich beten, dass die Gesetzesvorlage, die für viele ihrer Wähler ziemlich unangenehme Folgen haben würde, bereits im House scheitert.

    Was aber ist mit dem Präsidenten? Dieser zeigte lange keine Lust, sich tiefer mit der Materie auseinanderzusetzen, seine Äußerungen blieben notorisch vage, und lange schien er auch keine Anstalten zu machen, Ryan dabei zu helfen, seine zum Teil widerspenstige Fraktion auf Linie zu bringen. Das Kalkül dürfte gewesen zu sein, irgendein Gesetz zu verabschieden, das es ihm erlaubt, großspurig Vollzug bei der Abschaffung Obamacares zu verkünden und etwaige Probleme dann Ryan anzulasten. Ganz abschaffen kann die GOP Obamacare natürlich nicht, denn dazu bräuchte sie im Senat 60 Stimmen, müsste also nicht nur selbst geschlossen abstimmen, sondern auch acht Demokraten auf ihre Seite ziehen - praktisch unmöglich. Aber ein Entwurf wie der jetzt vorliegende würde Obamas Errungenschaft so stark verändern, dass man mit Recht von einer faktischen Abschaffung sprechen könnte.

    Ich vermute, dass das Donalds Plan war; irgendwann dürfte ihm jedoch gedämmert haben, dass es auch auf ihn - als angeblich starken Macher und gewieften Verhandler - zurückfallen würde, wenn der Gesetzentwurf scheitert, und so unwahrscheinlich ist es nicht, dass er schon die erste Hürde nicht nimmt.

    Also war Trump heute im Kapitol, um sein angeblich legendäres Verhandlungsgeschick in die Waagschale zu werfen. Er stellte den versammelten republikanischen Abgeordneten eine Niederlage bei der nächsten (Vor-)Wahl in Aussicht, sprach den Vorsitzenden des ziemlich kritischen unltrakonservativen Freedom Caucus direkt an: Der werde ja schon dafür sorgen, dass das Gesetz durchkomme, sonst werde der Donald ihn "fertigmachen". Ein harmloser Scherz, wie man sich nachher zu versichern beeilte.

    http://www.salon.com/2017/03/21/im-coming-after-you-trump-threatens-conservative -house-republicans-to-support-trumpcare-bill/

    Wie auch immer - beagter Mark Meadows ließ hinterher verlauten, er sei nach wie vor nicht überzeugt und glaube nicht, dass das Gesetz eine Mehrheit bekommen werde.  Wird sicherlich ne knappe Abstimmung, deren Ergebnis in den Sternen steht; wahrscheinlich wird noch an Details gefeilt werden. Spannend.

    https://politicalwire.com/2017/03/21/let-arm-twisting-begin/

    Einer dürfte jedoch sehr froh sein über das heutige Engagement seines Präsidenten: Paul Ryan. Trumps Auftritt im Kapitol mag Skeptiker eventuell doch noch auf Linie bringen, schließlich stellen sie sich mit einem "Nein" nun nicht nur gegen den eigenen Fraktionsvorsitzenden, sondern auch gegen den Präsidenten - und dieser hat schon oft genug erklärt und auch demonstriert, wie nachtragend er ist.

    http://www.politico.com/story/2017/03/donald-trump-vengeance-threat-236320

    Wenn's schiefgeht, dann hätte der Misserfolg jetzt zudem zwei Väter; wohl auch deshalb lobte Ryan Trump nach dem Treffen als Verhandlungsgenie. Wenn selbst ein solches sich am Ende nicht durchsetzen sollte, wer wollte dann dem armen Ryan einen Vorwurf machen?

    http://www.slate.com/blogs/the_slatest/2017/03/21/paul_ryan_staff_calling_trump_ the_ultimate_closer_report_says.html

    Die Aussagen im Kongress am Montag waren schon ein harter Schlag für das Weiße Haus - wenn Dein eigener NSA-Chef Deine Aussagen als "Nonsens" bezeichnet, ist das wohl für keinen Präsidenten angenehm, wobei das meines Wissens auch noch nie vorgekommen ist. Falls die Abstimmung im House trotz republikanischer Mehrheit auch noch in die Hose geht, wäre das nur wenige Tage später ein weiterer bitterer Schlag für Trump, über den ich Mitte 2015 ja mal Folgendes geschrieben hatte:

    Trumps Programm ist simpel: Keiner im Land hat so dicke Cojones wie er, keiner spricht als Macher und personifizierter Geschäftserfolg [...] so deutlich aus, was ihm zufolge alle denken.

    Ich hoffe sehr, dass der Mann diesbezüglich jetzt etwas zurechtgestutzt wird - aber wie gesagt, es wird wohl knapp.

    EDIT:

    Kleiner Nachtrag zum Gesetzesentwurf der GOP. Wer profitiert eigentlich so richtig von den vorgesehenen Änderungen? Eigentlich braucht es, wenn man es mit der GOP zu tun hat, gar keine Zahlen - die Antwort ist eh immer die gleiche und offensichtliche. So auch hier:

    http://www.motherjones.com/kevin-drum/2017/03/well-was-worlds-easiest-chart-make

    Die New York Times hat sich aber tief über die Zahlen gebeugt und kommt zu dem Schluss, dass unter dem republikanischen Gesundheitsgesetz mehr Leute unversichert sein würden als VOR der Verabschiedung von Obamacare.

    https://newrepublic.com/minutes/141493/gop-health-care-bill-worse-nothing-all

    Chapeau, GOP! Das hat Euer POTUS wohl gemeint, als er im Wahlkampf von einer fantastischen, billigeren Gesundheitsversorgung für alle sprach. Vielleicht wäre eine Niederlage des Gesetzes in den nächsten Tagen - so sehr sie den Donald auch ärgern dürfte - langfristig doch einem Pyrrhussieg vorzuziehen:

    On average, just 30 percent of voters favor the GOP bill, as compared with 47 percent who oppose it. By comparison, Obamacare had a 40 percent favorable rating and a 49 percent unfavorable rating when it finally passed Congress in March 2010. Later that year, Democrats lost 63 seats in Congress, in part because of the health care bill’s unpopularity. But while Obamacare polled poorly, the numbers for the Republican bill are quite a bit worse. [...]

    There’s also the problem that Trump risks having overpromised and underdelivered. Polling and focus groups suggest that while voters have lots of problems with Trump, they generally trust him to get things done and keep his promises. On health care, Trump has painted himself into a corner.

    Trump promised to repeal Obamacare, but he also promised a replacement that would provide “insurance for everybody.” However, the number of uninsured people would rise by 24 million people by 2026 under the GOP bill, according to the Congressional Budget Office’s estimates. Furthermore, some of the bill’s greatest impacts — in terms of lost coverage, decreasing subsidies and more expensive premiums — could be felt most acutely by the very older, rural voters who supported Trump in large numbers.

    https://fivethirtyeight.com/features/trump-is-tempting-fate-on-health-care/

  • RE: Woche der Wahrheit

    drui (MdPB), 22.03.2017 14:43, Antwort auf #152

    Das Lustige ist ja, dass im House va. die extrem Konservativen aus extrem konservativen Bezirken gegen Trumpcare sind, weil sie grundsätzlich staatliche Hilfen für Sozialismus halten. Die kann Trump wohl schon erpressen, wenn er sich nicht zu dumm anstellt. Denn wenn er seine Basis mobilisiert, verlieren diese Abgeordneten höchstwahrscheinlich ihre kommenden parteiinternen Vorwahlen gegen den dann von Trump aufgestellten ergebenen Lakaien. Für die Abgeordneten aus den blauen Bezirken gilt das nicht. Die bekommen die Wut der Bürger direkter zu spüren. Und im Senat gibt es viele Republikaner aus blauen Staaten, die auch von roten Gouverneuren aus blauen Staaten unter Druck gesetzt werden. Ich denke aber, dass die GOP-House-Abgeordneten Trumpcare zustimmen werden, die einen sind in devoter Abhängigkeit Ryan gegenüber, die anderen in devoter Abhängigkeit Trump gegenüber gefangen. Im Senat wirds dann spannender.

    Gewinnen kann die GOP nicht. Bringt sie Trumpcare durch, verlieren 20-40 Millionen Bürger ihre Krankenversicherung und die Medien werden über viele Fälle berichten, in denen Menschen wegen Trumpcare sterben. Bringt sie es nicht durch, kann sie Obamacare nicht einfach scheitern lassen, ohne dafür verantwortlich gemacht zu werden.

  • RE: Woche der Wahrheit / Senat

    Wanli, 22.03.2017 23:08, Antwort auf #153

    Stimme Dir weitgehend zu, aber dieser Satz untertreibt sogar noch ein wenig:

    Und im Senat gibt es viele Republikaner aus blauen Staaten, die auch von roten Gouverneuren aus blauen Staaten unter Druck gesetzt werden.

    Ich denke, dass auch Senatoren aus diversen "roten" (also solide republikanischen Staaten) Bammel vor dem Gesetz haben. Kentucky (klar rot) war zum Beispiel einer der Staaten, in dem besonders viele Menschen von Obamacare profitiert haben; unter dem Strich auch ein eher armer Staat. Und das Gesundheitssystem ist ja eines der wenigen Politikfelder, in dem die extrem polarisierte Meinung weiter Teile der Bevölkerung noch aufbrechbar scheint - anders als zum Beispiel Abtreibung oder Waffenrecht, wo die festgefügten Stimmungen kaum veränderbar scheinen. Das Thema Gesundheit betrifft halt jeden direkt und angesichts der hohen Kosten merkt man Gesetzesänderungen sehr schnell am eigenen Bankkonto. Da würde mir als republikanischem Senator auch etwas die Flatter gehen, obwohl man in einem Staat wie Kentucky als Republikaner natürlich erstmal ein ordentliches Polster vor etwaigen demokratischen Herausforderern hat.

    Ich denke aber, dass die GOP-House-Abgeordneten Trumpcare zustimmen werden, die einen sind in devoter Abhängigkeit Ryan gegenüber, die anderen in devoter Abhängigkeit Trump gegenüber gefangen.

    Wenn ich wetten müsste, würde ich wohl auch darauf setzen, dass der Gesetzentwurf um Haaresbreite durchs House gewunken wird, aber das ist etwa wie ein Spiel Bayern gegen BVB, würde ich sagen: Die Bayern sind favorisiert, aber wirklich überraschend ist ein Sieg der Schwarz-Gelben halt auch nicht. Und die Auguren diverser Medien glauben, dass es noch erheblichen Widerstand in der Fraktion gibt, wahrscheinlich braucht es da zumindest noch ne Nachtschicht, um den hinreichend zu brechen:

    According to The Hill, there are now 23 Republicans lawmakers who publicly say they will vote against the GOP health care bill in the House tomorrow night.

    Meanwhile, a House Freedom Caucus spokeswoman tells Politico that more than 25 members are opposed.

    Republicans cannot have more than 22 defections for the bill to pass.

    https://politicalwire.com/2017/03/22/23-gop-lawmakers-now-oppose-health-care-bil l/

    Kommt der Entwurf durch, soll schon nächste Woche im Senat abgestimmt werden - auch in diesem wird also eine bemerkenswerte Eile an den Tag gelegt. Wenn man sich klar macht, dass Obamacare über Monate im Senat verhandelt wurde, dann ist das schon ungewöhnlich. Hier dürfen höchstens zwei republikanische Senatoren von der Fahne gehen, sonst ist der Entwurf gescheitert.

    Sen. Tom Cotton (R-AR), Sen. Mike Lee (R-UT), Sen. Rand Paul (R-KY), and Sen. Susan Collins (R-ME) are all on record against the current bill. If the bill is amended in the next two days to make it even harsher, Collins will be even more against it, possibly along with Sen. Lisa Murkowski (R-AK). It seems unlikely that McConnell, who is about as shrewd an operator as they come, would allow a vote unless he is fairly certain the bill will pass. Unless he wants a defeat for strategic reasons. Then Ryan could go back to the Freedom Caucus and say: "Thanks a lot for four more years of ObamaCare." At this point, almost anything is possible.

    Für Trump selbst steht da natürlich auch eine Menge auf dem Spiel; er hat sich ja den Rufen der Konservativen im House gebeugt und einer Verschärfung des Entwurfs zugestimmt - morgen eher ein Vorteil für die Anhänger von Trumpcare, nächste Woche vermutlich eher von Nachteil. Ist natürlich immer die Frage, wie weit voraus ein Trump eigentlich plant.

    Trump is taking a big gamble here. If the bill passes, he will get a fair amount of the credit, but if it fails, he is going to look like a paper tiger and that will haunt him during his entire time in the White House. Trump understands that if the bill fails, he will be branded as a "loser," the one thing he can't stand, so he will do anything he can in the next two days to win over conservatives, even if that means making the bill unacceptable to a dozen senators. He'll deal with that problem when it arises.

    http://www.electoral-vote.com/evp2017/Pres/Maps/Mar22.html#item-1

    Gewinnen kann die GOP nicht. Bringt sie Trumpcare durch, verlieren 20-40 Millionen Bürger ihre Krankenversicherung und die Medien werden über viele Fälle berichten, in denen Menschen wegen Trumpcare sterben. Bringt sie es nicht durch, kann sie Obamacare nicht einfach scheitern lassen, ohne dafür verantwortlich gemacht zu werden.

    Ja, aber fairerweise muss man sagen, dass die GOP ihren entscheidenden Fehler schon vor der Wahl begangen hat. Der für die eigenen zahlreichen Ideologen zentrale Fehler von Obamacare war ja, dass hier ein neuer Anspruch bedürftiger Bevölkerungsschichten auf eine staatliche Sozialleistung geschaffen wurde, die unter anderem mit einer Reichensteuer finanziert wird.

    Der Bevölkerung gegenüber hat man das aber nicht so kommuniziert; da wurde im Wesentlichen bekrittelt, Obamacare sei nicht generös genug: zu hohe Zuzahlungen und Versicherungsbeiträge, zu geringe Leistungen. Diese Probleme werden aber dadurch, dass man (im Sinne der eigenen Ideologie) nun Obamacare die finanzielle Grundlage der Reichensteuern entziehen will, nicht gelöst, sondern verschärft, und das wird auch der verblendetste Bürger sehr schnell an seinen Kontoauszügen merken. Das ist schlicht ein Widerspruch, der sich nicht auflösen lässt, ziemlich unabhängig vom Donald übrigens, der die Zwickmühle natürlich noch einmal verschärft hat mit seinem Versprechen einer fantastischen Gesundheitsversorgung für alle, die außerdem spottbillig sein werde.

    Vielleicht ist die beste Lösung für die GOP tatsächlich, ihre Reform einfach irgendwie scheitern zu lassen? Ich weiß es nicht, ein echtes Dilemma, das ich der zur wahllos Ressentiments schürenden Nonsenstruppe mutierten stolzen Partei Lincolns aber von Herzen gönne.

    EDIT:

    Vor wir schon beim Senat sind: Hier ein Ausblik auf die Senatswahlen 2018, die für beide Parteien eine große Herausforderung bedeuten werden.

    The fundamentals of the 2018 Senate elections are as favorable for one party as I have seen in my nearly 40 years of writing about and handicapping House and Senate races.

    While only eight GOP Senate seats are up next year, 25 Democratic seats (including two Independents who caucus with the Democrats) are up. Many of the Democratic incumbents represent very Republican states. [...]

    For me, in analyzing next year’s fight for the Senate, there are two major questions: Will the midterms primarily be about Donald Trump? And if so, how much of a drag will he be on GOP Senate nominees?

    The answer to the first question is likely to be “yes.” The answer to the second question is still unknown. [...]

    Given the map, the GOP should make considerable Senate gains. But those gains probably won’t be anywhere near what they might have been with President Hillary Clinton in the Oval Office.

    http://www.insideelections.com/news/article/senate-landscape-not-as-rosy-for-the -gop-as-it-once-was

  • RE: Woche der Wahrheit / House

    drui (MdPB), 23.03.2017 11:21, Antwort auf #154

    Wenn ich wetten müsste, würde ich wohl auch darauf setzen, dass der Gesetzentwurf um Haaresbreite durchs House gewunken wird, aber das ist etwa wie ein Spiel Bayern gegen BVB, würde ich sagen

    Wenn man das so liest, könnte er wirklich schon im House durchfallen:

    http://www.politico.com/story/2017/03/house-republicans-obamacare-236396

    http://www.politico.com/story/2017/03/trump-obamacare-repeal-debacle-236380

    Trump verspricht den Hardlinern Unmögliches, macht geheime Deals und verärgert so moderate Republikaner. Es könnten immer mehr Republikaner denken, dass mit Trump bald nichts mehr zu gewinnen und es so besser ist, standhaft zu bleiben oder eine höhere Bestechungssumme rauszuschlagen. Und solche Deals können sich als Boomerang erweisen in so einer Tratschpartei wie der GOP und bei einem hirnlos twitterndem Präsidenten.

    Edit: Auf der rechten Seite bieten die Koch-Brüder finanzielle Hilfe für erzkonservative Rebellen gegen Trump und Ryan an:

    http://www.politico.com/story/2017/03/koch-brothers-obamacare-house-republicans- 236389

  • Am Rande des Nervenzusammenbruchs

    Wanli, 23.03.2017 18:25, Antwort auf #155

    Das Chaos ist total. Heute noch soll das House abstimmen, doch es wird immer noch verhandelt. Der Freedom Caucus scheint ein wichtiges Zugeständnis erhalten zu haben, dass Versicherungskonzerne mit ihren Policen keine vorgeschriebenen Mindestleistungen garantieren müssen. Kevin Drum erklärt, warum das ein sehr gutes Geschäft für die Unternehmen ist und ein sehr schlechtes für die Staatskasse:

    http://www.motherjones.com/kevin-drum/2017/03/republicans-now-considering-how-ma ke-bad-health-care-plan-complete-wreck

    Doch noch immer zieren sich die radikalen Ideologen und versuchen, noch mehr herauszuschlagen - kippen soll vor allem wohl eine Regelung, dass die Industrie grundsätzlich jeden Amerikaner versichern muss (zu welchem Preis auch immer).

    Langsam reicht es den eher moderaten republikanischen Abgeordneten, die ihre Zustimmung zum Gesetzentwurf zurückziehen; die Bilanz der hektischen Verhandlungen: Mittlerweile dürften etwa dreißig republikanische Abgeordnete den Entwurf ablehnen und damit wohl mehr als gestern vor dem Verhandlungsmarathon. Well played, Paul Ryan!

    https://politicalwire.com/2017/03/23/effort-woo-conservatives-health-bill-backfi res/

    Bemerkenswert ist aber noch etwas: Heute noch soll abgestimmt werden und der Entwurf wird immer noch laufend verändert - und das, obwohl das avisierte Gesetz enorme Konsequenzen haben würde: Das GEsundheitssystem macht knapp ein Fünftel der amerikanischen Wirtschaftsleistung aus, im Entwurf geht es um die Umverteilung von Hunderten von Milliarden Dollar und für einzelne Bürger kann die geplante Reform riesige finanzielle Konsequenzen haben. Wie verantwortungslos muss eine Partei sein, um ein solch gravierendes Unterfangen so überstürzt durchpeitschen zu wollen? Wenn es heute zur Abstimmung kommt, wird kein Abgeordneter eine halbwegs klare Vorstellung davon haben, wie genau das Gesetz sich auswirken würde, es bleibt schlicht einfach keine Zeit mehr, das alles mal in Ruhe durchzurechnen.

    Eigentlich muss die Partei insgeheim wirklich hoffen, dass der Entwurf scheitert:

    http://www.vox.com/policy-and-politics/2017/3/23/14991332/gop-health-bill-ahca-t rump-iraq

    Tja, und was gibt es sonst noch Neues in Washington? Nun, CNN hat inzwischen Indizien zugespielt bekommen, die darauf hindeuten, dass Trumps Leute in direktem Kontakt zu russischen Agenten hatten und mit diesen abgesprochen haben, wie man gehackte Dokumente am wirkungsvollsten für den eigenen Wahlkampf nutzbar machen könne, wann diese zum Beispiel veröffentlicht werden sollten. Das FBI ermittelt weiter.

    http://talkingpointsmemo.com/edblog/cnn-trump-russia-collusion

    Und dann steht demnächst mal wieder eine Anhebung der Defizitobergrenze an. Zu Zeiten Obamas versuchte die GOP bekanntlich, diese Anlässe zu instrumentalisieren, um vom Präsidenten Zugeständnisse zu erzwingen; ein Gutteil der Fraktion weigerte sich eh schlichtweg, sie mitzutragen - solle der Staat doch pleite gehen. Auch Trump hatte in der Vergangenheit gegen eine Anhebung gewettert. Wir dürfen dann wohl mal wieder zum Popcorn greifen und entspannt beobachten, wie die Partei zwischen Staatsbankrott und Prinzipienverrat hin und her eiert.

    http://www.slate.com/articles/business/moneybox/2017/03/the_debt_ceiling_isn_t_a _headache_for_trump_but_it_will_be.html

  • RE: Am Rande des Nervenzusammenbruchs

    drui (MdPB), 23.03.2017 19:46, Antwort auf #156

    Wie verantwortungslos muss eine Partei sein, um ein solch gravierendes Unterfangen so überstürzt durchpeitschen zu wollen?

    Dementsprechend denkt auch die Bevölkerung. Nach neuesten Umfragen sind wieviel Prozent für das neue Trumpcare (wie auch immer es aussehen mag)? 17 (!!!)%

    Der Rest lehnt es ab (56%) oder ist unentschieden (26%). Ideal, um einfach irgendeinen Murks durchzupeitschen.

    http://www.politico.com/story/2017/03/poll-gop-trump-obamacare-repeal-236420

    Wer aber denkt, Trump wäre dumm, dem sei gesagt:

    Trump: 'I can’t be doing so badly, because I’m president and you’re not'

    http://www.politico.com/story/2017/03/trump-time-interview-truth-236404

  • He never gets tired of winning.

    Wanli, 24.03.2017 00:04, Antwort auf #157

    Die für heute anberaumte Abstimmung ist erstmal abgeblasen - die republikanische Fraktionsführung hat also (derzeit) nicht die nötigen Stimmen zusammen, um ihr Gesundheitsgesetz durchs Repräsentantenhaus zu bringen.

    https://politicalwire.com/2017/03/23/no-vote-health-care-bill-today/

    Zumindest ein kleiner Etappensieg beim Kampf für Obamacare, das ja längst mehr ist als nur eine Gesundheitsreform.

    [T]he Obamacare debate is really about much more than health care. In many ways, the two parties, while focusing on the technical details of health care, are also debating fundamental questions about the role of government, work, income redistribution, race, class and Barack Obama. This is not just a debate about health care premiums or your ability to choose your doctor, no matter how often Nancy Pelosi or Paul Ryan talks about those things. Health care, more than almost any other issue, hinges on real, deep values and ideals that divide the two parties in Washington and, more importantly, Blue America and Red America.

    https://fivethirtyeight.com/features/the-obamacare-fight-is-about-way-more-than- health-care/

    Vielleicht treten mit dem heutigen Debakel ja die inneren Widersprüche der GOP endlich für jeden sichtbar zutage, vielleicht geht auch das bisschen Vertrauen zwischen Weißem Haus, den Ideologen um Ryan und der republikanischen Senatsfraktion den Bach runter; freuen würde es mich natürlich. Kann natürlich auch sein, dass dieser Rückschlag die Akteure der GOP dann doch näher zusammenrücken lässt.

    Manche Historiker teilen die amerikanische Geschichte ein in mehrere Äras, die jeweils von einem Präsidenten eingeläutet worden seien, der Staat und Gesellschaft tiefgreifend verändert habe: Franklin D. Roosevelt etwa, der den Sozialstaat schuf und eine weit größere Rolle des Staates in der Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik durchsetzte. Einem solchen Trendsetter seien dann Präsidenten gefolgt, die natürlich auch eigene Akzente gesetzt hätten, aber letztendlich im Rahmen, den der übergroße Vorgänger hinterlassen habe - Truman, Eisenhower, JFK, Lyndon B. Johnson, Nixon, Ford. Irgendwann sei das System dann sklerotisiert, habe an Zustimmung verloren und dies sei offensichtlich geworden gegen Ende der Epoche - der arme Carter wollte etwas verändern, blieb aber gleichzeitig an die eingefleischten Überzeugungen der demokratischen Partei gebunden. Ergo: Er habe trotz großer Mehrheiten im Kongress nichts Bleibendes zustande gebracht, weil sich die demokratische Partei schon in heilloser Konfusion befunden, ihre Führungsfiguren sich nicht mehr über den Weg getraut hätten. Folgerichtig sei die Roosevelt-Ära dann durch die Ära Reagan abgelöst worden mit einer weitgehenden Neuausrichtung des Verhältnisses zwischen Staat und Bürgern, an der auch seine Nachfolger egal welcher Partei nicht gerüttelt hätten - Bush, Clinton, Bush; Obama habe versucht, klare neue Akzente zu setzen, aber durchgesetzt hätten sich diese (noch) nicht. Jetzt eben Trump - er könnte halt der republikanische Carter sein, unter dem die Brüchigkeit des bisherigen Systems offensichtlich wird und die GOP an ihren inneren Widersprüchen zu zerbrechen droht wie weiland die Demokraten.

    Solche Modelle können den Blick schärfen, andererseits natürlich auch unzulässig vereinfachen. Mal sehen, was in diesem Fall zutrifft.

    Falls wirklich eintritt, dass die GOP trotz der Kontrolle von Exekutive und Legislative (und bald vermutlich auch wieder der Mehrheit im Supreme Court) innenpolitisch einfach nichts zustande bringt in den nächsten Jahren, weil die Partei programmatisch längst ausgehöhlt ist, von gegensätzlichen Kräften zerrissen, dann heißt das natürlich nicht, dass sich die Gegner der Trump-Regierung entspannt zurücklehnen können. Es gibt genügend Felder, auf denen der Donald noch Schaden anrichten kann, zuförderst natürlich die Außenpolitik und militärische Abenteuer, bei denen ein POTUS weit freiere Hand hat als in der Innenpolitik und gerade ein Egomane die Möglichkeit wittern könnte, doch noch als Gewinnertyp in die Geschichtsbücher einzugehen. Kim Jong-Un wird seine Schergen ab heute wohl noch hektischer an der Bombe werkeln lassen...

  • No Repeal

    drui (MdPB), 24.03.2017 21:52, Antwort auf #158

    Die Abstimmung wurde heute (endgültig?) abgesagt, auf Bitte Trumps. Der Repeal ist (vorerst?) gescheitert. Der Dealmaker hat versagt und wird bald Schuldige finden. Auch Paul Ryan steht nun recht belämmert da.

    http://www.politico.com/story/2017/03/obamacare-repeal-votes-congress-236459

  • RE: No Repeal

    gruener (Luddit), 25.03.2017 02:41, Antwort auf #159

    Die Abstimmung wurde heute (endgültig?) abgesagt, auf Bitte Trumps. Der Repeal ist (vorerst?) gescheitert. Der Dealmaker hat versagt und wird bald Schuldige finden. Auch Paul Ryan steht nun recht belämmert da.

    http://www.politico.com/story/2017/03/obamacare-repeal-votes-congress-236459

    ich bin mir unsicher...

    ist das wirklich eine niederlage für trump? oder kann er es am ende so darstellen, dass es nur ein typisches problem des politischen establishments ist? er selbst steht natürlich über derartigen befindlichkeiten...

    dass ryan womöglich die arschkarte inne hält... keine frage.

    *****

    aber denke auch dieses einmal weiter...........

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