Da braucht man sich nur die Ergebnisse der letzten Wahl anzuschauen: Stärkste Partei war die Hamas, die in ihrer Charta Israel das Existenzrecht abspricht. Zweitstärkste die "gemäßigtere Fatah", die in ihren Reihen aber auch die Al-Aqsa-Brigaden haben, deren Mitglieder sich gern mal selbst in die Luft jagen. Dritstärkste Partei war der politische Arm der populären Front für die Befreiung Palästinas, gilt in Europa als Terrororganisation.
Und wenn es in Israel durchaus Friedensdemonstrationen gibt oder eine teilweise recht kritische Presse (www.haaretz.com beispielsweise), hört man von solchen subversiven Umtrieben in den Palästinensergebieten nichts.
Ohne eine Deeskalationspolitik seitens Israels und eine Verbesserung der humanitären Situation der Menschen in den palästinensischen Gebieten, die ein souveräner Staat werden müssen und zwar bald wird die Radikalisierung von immer neuen jungen Palästinensern weitergehen. Wer die Wahlergebnisse als Freibrief für menschenverachtende Politik nimmt, der kann mir den Buckel runterrutschen und würde er auch mit Engelszungen reden.
Wanli, ich stimme Dir zu, dass es nun für alle Israelgegner, auch für die antisemitischen und denen, die Israel das Existenzrecht absprechen, sehr leicht ist auf Israel verbal einzudreschen. Damit begibt man sich in Gefahr, mit den falschen Leuten auf einer Seite zu stehen, was aber nichts daran ändert, dass die Aktion rechtlich, moralisch und politisch falsch war und nichts daraus gelernt wird. Wir werden hier im Forum den Konflikt nicht lösen und sicher werden irgendwann wann auch wieder Isralis und Juden in einen Topf geworfen (wobei eine vernünftig Trennung von Staats- und Religionsangehörigkeit auch auf jüdischer Seite leider eher selten durchghalten wird). Es macht mich einfach nur wütend, zu welchen politischen und moralischen Dummheiten das Vorgehen einer durchaus als rechtsextrem anzusehenden Regierung führt, gerade weil wir Deutschen die ganze Scheiße durch den Holocaust mitverursacht haben und nun bequem zusehen können, wie Palästinnser UND Israelis darunter leiden. Wie sollen sich denn Israels Freunde jetzt verhalten, zumindest die, die deren Existenzrecht immer verteidigen, Waffen liefern und ökonomische Vorteile gewähren? Bedingungslose Unterstützung bis zum Kollaps, alles andere ist verräterisch oder gar antisemitisch? Israel stimmt ja nicht einmal einer unabhängigen internationalen Untersuchung zu. Ich wäre derzeit auch vorsichtig, von "Mord" zu sprechen, da der Propaganda von verschiedsten Seiten nicht zu trauen ist, daher braucht es ja eine unabhängige Untersuchung. Manche Todesopfer scheinen aber bis zu 4 Einschüsse im Gesicht aus nächster Nähe zu haben, weshalb ich hier eine Hinrichtung nicht ausschließen würde. Den Fall Rachel Corrie (nach der das nächste Schiff benannt ist) kann man ja auch unterschiedlich bewerten, und da wurde sogar eine US-Amerikanerin getötet. Das mögen alles Einzelfälle sein, sie werden aber nicht untersucht oder sogar anschließen bestraft. Ich sehe einfach niemanden mehr, der positiven Einfluss auf die israelische Regierung und auf die breite isralische Öffentlichkeit hätte, um diese von dem Weg in die selbsgerechte Isolation abzuhalten. Es ist ja nicht so, dass es dort immer nur politische Idioten gab, was Friedensschlüsse mit Jordanien und Ägypten sowie die lange und nun arglos zerstörte Freundschaft mit der Türkei zeigen. Nun aber betätigen sich Netanjahu, Barak und Liebermann als Totengräber der eigenen Nation und sehen überall nur noch Feinde. Wenn man in einem Krieg keine Grautöne und va. die eigenen Freunde nicht mehr beachtet, kann man diesen auch nicht gewinnen. Es passt auch nicht zusammen, sich immer als Opfer und moralische Instanz zu sehen und andererseits auf arrogante Macht und Gewalt zu setzen. Es gibt keinerlei Versuche zur Änderung des Status Quo, man möchte sich Terroristen züchten, die halbwegs harmlos sind, aber jeden Forschritt in Richtung Zweistaatenlösung, Beendigung des Siedlungsbaus und Ausbeutung von Land und Ressourcen verhindern. Das kann aber nicht ewig so gut gehen.
gerade weil wir Deutschen die
> ganze Scheiße durch den Holocaust mitverursacht haben und nun bequem
> zusehen können, wie Palästinnser UND Israelis darunter leiden. Wie sollen
> sich denn Israels Freunde jetzt verhalten, zumindest die, die deren
> Existenzrecht immer verteidigen, Waffen liefern und ökonomische Vorteile
> gewähren?
Gerade ist in Deutschland ein Bundespräsident zurückgetreten, weil er in die Kritik geriet wie er nationale Interessen unseres Landes definierte, die ein militärisches Eingreifen rechtfertigten.
Dabei sollten wir uns klarmachen, dass Deutschland eindeutige Sicherheitsgarantien für die Existenz Israels abgegeben hat.
Sollte es jemals in der Region zum Krieg mit Israel kommen, dann werden dort an der Seite israelischer Soldaten auch Deutsche im Wüstensand verbluten.
Deshalb ist es in unserem nationalen Interesse einen solchen Krieg zu verhindern.
Die Israelis sehen einfach keine realistische Friedensperspektive mehr - und kapseln sich entsprechend ab, versuchen nur noch, den Gegner zu behindern, statt an der Überwindung der Feindschaft zu arbeiten. Aber noch einmal: Wo sind denn die großartigen Alternativen? Die Blockade aufheben und zuschauen, wie die Schiffe mit Waffenlieferungen aus dem Iran in Gaza andocken? Öffnung der Grenzen zu den besetzten Gebieten, die es ja schon einmal gab - bis dann über die offene Grenze immer neue Selbstmordattentäter einsickerten? Jetzt wird halt die Mauer gebaut, mit der aber auch (verständlicherweise) niemand einverstanden scheint. Was sollen sie denn machen, die Israelis?
> Dabei sollten wir uns klarmachen, dass Deutschland eindeutige
> Sicherheitsgarantien für die Existenz Israels abgegeben hat.
>
> Sollte es jemals in der Region zum Krieg mit Israel kommen, dann werden dort
> an der Seite israelischer Soldaten auch Deutsche im Wüstensand verbluten.
Gibt es diese Garantien so denn wirklich? Wenn es was bringen würde, wär ich ja auch für ne Aufnahme Israels in die NATO im Gegenzug für eine weitgehende Räumung der Westbank. Nur ist dort ja eigentlich nicht mit einem echten Krieg zu rechnen. Es sind beständige Nadelstiche, die die Israelis zermürben und schließlich zu einer Reaktion drängen sollen, die man dann wieder verdammen kann. Damit hält sich eine Hamas am Ruder, die der eigenen Bevölkerung außer der Feindschaft zu Israel kaum etwas zu bieten hat. Deutsche Soldaten würden daran kaum etwas ändern.
Wo > sind denn die großartigen Alternativen? Die Blockade aufheben und
> zuschauen, wie die Schiffe mit Waffenlieferungen aus dem Iran in Gaza
> andocken? Öffnung der Grenzen zu den besetzten Gebieten, die es ja schon
> einmal gab - bis dann über die offene Grenze immer neue
> Selbstmordattentäter einsickerten? Jetzt wird halt die Mauer gebaut, mit
> der aber auch (verständlicherweise) niemand einverstanden scheint. Was
> sollen sie denn machen, die Israelis?
Sie sollten die Blockade aufgeben und Schiffe mit Baumaterialien reinlassen. Vielleicht könnten sie die Grenzen und die Einfuhren von US-Truppen und Ägypten kontrollieren lassen, eine völlige Sicherheit wird es nicht geben. Außerdem würde ein sofortiger Siedlungsstopp helfen, gegen einen sofortigen Waffenstillstand der Hamas und anderer Extremisten (keine Raketenabschüsse mehr).
> Jetzt wird halt die Mauer gebaut, mit
> der aber auch (verständlicherweise) niemand einverstanden scheint. Was
> sollen sie denn machen, die Israelis?
Interessant ist die Geschichte dieser Mauer: Ursprünglich war das eine Idee von der arabischen Seite, während Israel sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt hat. Israel wollte keine Grenze festlegen, die dann als Vorbild für die Grenze einen zukünftigen Palestinenserstaates dienen könnte.
Dann kamen die Selbstmordanschläge und mit ihnen ein Umdenken auf israelischer Seite. Man erkannte plötzlich die möglichen Vorteile der Mauer, unerwünschte Grenzziehung hin oder her. Sie wurde gebaut, und plötzlich waren die Erfinder, die arabischen Palestinenser ganz dagegen ...
>Außerdem würde ein sofortiger Siedlungsstopp helfen, gegen einen sofortigen
>Waffenstillstand der Hamas und anderer Extremisten (keine Raketenabschüsse mehr).
Leider nicht. Vergandlungen mit der Hamas sind sinn- und aussichtslos. Die Hamas ist eine Mafiabande mit ideologischem Überbau. Die zieht ihre Legitimation aus dem Konflikt und sorgt daher immer dafür, daß ernn Frieden droht, schnell wieder dort ein paar Bomben fliegen, wo sie den Friedensprozeß am effektivsten stören.
Auf die Hamas-Führung sollte man bei der Lösung des Konflikts wahrlich nicht vertrauen. Die sind meiner Meinung nach in einer ähnlichen Situation wie weiland Milosevic, der ja auch den Konflikt brauchte, damit seine Serben darüber hinwegsahen, wie er und seine Clique sich bereicherten.
Andererseits geht es so ja auch nicht weiter. Der Guardian hat einen Artikel über die Auswirkungen der Blockade, das ist schon erschreckend.
Am aussichtsreichsten wäre meiner Meinung nach eine Art internationales Protektorat über Gaza, durchgesetzt von einer Friedenstruppe, die man vor allem aus muslimischen Ländern rekrutieren sollte: Die Türkei könnte hier, wenn sich die momentane Aufregung gelegt hat, eine positive Rolle spielen, dazu Länder wie Malaysia oder Indonesien. Die müssten dafür geradestehen, dass demokratische / rechtsstaatliche Strukturen aufgebaut werden und es keine Angriffe mehr auf Israel gibt.
Wenn Erdogan das will und sein Blatt vernünftig spielt, könnte ein solches Projekt die Türkei zur mächtigsten Macht im Nahen Osten machen. Schon jetzt ist ihr neues Gewicht ja nicht zu übersehen:
"The flotilla incident and Turkey's role have catapulted its status in the Muslim world as the defender of Muslim rights. This most probably includes members of Hamas, whom Iran has been spending millions on in an effort to buy their support and loyalty. [...]
There is a new player in town and Israel takes it very seriously. [...] If current trends continue, Turkey could do what the Islamic Republic of Iran has been trying to do for the last 32 years: become the most powerful and credible political and military force in the Islamic world."
Das wäre dann vermutlich ein positives Ergebnis dieser Geschichte. Und über kurz oder lang wird es zu einer Zwei-Staaten-Lösung kommen müssen, auch wenn das auf allen Seiten die Abkehr von lang gehegten Träumen bedeutet.
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