gerade bei zwischenwahlen kommt es auf die grosse unbekannte an :"wer geht tatsächlich wählen"
und die schlammschlacht zwischen t und r hilft d
andererseits gehen die beiden aktuellen umfragen von einer hohen mobilisierung der dem-parteigänger aus (ähnliches level wie 2008/2006)
ob sie damit richtig liegen ?
ich tippe mal auf einen knappen sieg für die demokraten mit einem ergebis um die 45%
So, dann werd ich mich mal an einer Prognose versuchen, so schwer das auch ist: Wahrscheinlich geht nur eine deutliche Minderheit der Wahlberechtigten zur Wahl, schwer, da vorherzusehen, aus welchen Lagern die kommen. Hier also eine vorsichtige Prognose:
Der Grüne wird nichts reißen. Die Grünen sind in den Staaten ja die linke Alternative für Leute, die finden, das sich die beiden großen Parteien nur in Nuancen unterscheiden. Bei dieser Wahl ist der Unterschied aber deutlich zu greifen: Eine Partei will die sozialstaatlichen Institutionen abschaffen, die in den Sechzigern geschaffen wurden, die andere nicht. Klarer Kontrast, da sollte jeder linke Wähler wissen, wo er sein Kreuzchen zu machen hat, zumal der erste "linke" (zumindest demokratische) Sieg in diesem Wahlkreis seit Jahrzehnten möglich erscheint. Kaum Stimmen für "Andere" also.
Davis ist seit Wochen in der Defensive: Er hat durch seine langjährige Präsenz auf der lokalen politischen Bühne zwar wohl einen harten Kern von Fans, aber der Wahlkampf lief suboptimal (Verweigerung der Teilnahme an einer Debatte, tätlicher, auf Video festgehaltener Angriff auf einen Störer), das massive Engagement überregionaler Gruppen für die Kandidaten der beiden großen Parteien konterkariert die Millionen, die er in den Wahlkampf gesteckt hat, Tea-Party-Organisationen haben sich in den Wahlkampf eingemischt und erklärt, er sei keiner der ihren. Ich denke, er kann froh sein, wenn es zweistellig wird.
Hochul hat einen exzellenten Wahlkampf gemacht, zielsicher die Schwäche der republikanischen Kandidatin (ihre Unterstützung für einen Haushaltsentwurf, der Medicare abschaffen würde) thematisiert und sich nicht von diesem Thema ablenken lassen, sie kommt als engagiert und glaubwürdig rüber. Deutlich über 40 Prozent sollten drin sein, hoffentlich auch der Sieg - dann brennt in Washington bei der GOP nämlich die Hütte und wir werden Abgeordnete und Präsidentschaftskandidaten erleben, die bis vor kurzem vor Kraft kaum laufen konnten und sich nach einer Niederlage in einer roten Hochburg winden werden wie Würmer an der Angel.
Am schwierigsten einzuschätzen ist Corwin. Keine gute Kandidatin, erinnert ein wenig an die Demokratin, die in Massachusetts gegen Republikaner Scott Brown verlor: Lange überzeugt, den Sieg praktisch schon in der Tasche zu haben, ohne ein Gefühl für die explosive Kraft, die ihre Äußerungen haben würden, wenig überzeugendes Runterleiern von republikanischen Allgemeinplätzen und schlussendlich eine viel zu zögerliche Reaktion auf Hochuls Angriffe. Wenn man die eigene problematische Position erst nach wochenlangen gegnerischen Attacken erklärt beziehungsweise relativiert, überzeugt das kaum. Andererseits sind ihr die Republikaner mit enormem Einsatz von Geld und politischer Prominenz zur Seite gesprungen und es ist nun mal ein ziemlich republikanischer Wahlkreis. Ich denke, auch sie wird auf über 40 Prozent kommen.
Plausibel? Wer hält dagegen?
Eine Art Wahltags-Blog:
http://www.politico.com/blogs/davidcatanese/
EDIT (OT): Was man so alles lernt. Der erste Kongressabgeordnete für diesen Sitz war ein Vertreter der "Anti-Masonic Party", deren einziges Ziel die Bekämpfung der Freimaurerei war. Die amerikanische Geschichte ist voll von bizarren Fußnoten.
The Anti-Masonic Party was formed in upstate New York in 1828.
Some people feared the Freemasons, believing they were a powerful secret society that was trying to rule the country in defiance of republican principles. These opponents came together to form a political party after the Morgan affair convinced them the Masons were murdering their opponents. [...] Opposition to Masonry was taken up by the churches as a sort of religious crusade, and it also became a local political issue in Western New York, where, early in 1827, the citizens in many mass meetings resolved to support no Mason for public office.
Der grüne Kandidat Ian Murphy liebt Schabernack, mit dem er sich auch über die Grenzen von New York hinaus einen Namen gemacht hat: So rief er auf dem Höhepunkt der Krise in Wisonsin unter falscher Flagge beim dortigen Gouverneur an und veröffentlichte das Telefongespräch daraufhin. Ich hab aber gerade erst gelesen, dass er es ist, der hinter der gelungenen satirischen Corwin-Webseite steckt ("Together we can make delicious soup from the bones of the poor. Sign up now to be served by Jane Corwin."):
Er hat als "Steve Smith" auch unerkannt "für" ihre Kampagne gearbeitet in einem Callcenter republikanischer Freiwilliger, was zu amüsanten Gesprächen mit nichtsahnenden Bürgern geführt zu haben scheint, wie Murphy nun ausführt:
It was like any other day after the apocalypse. “This is the Sabbath!” an older woman shouts in my ear. “It’s supposed to be a day of rest!”
“I know, ma’am,” I say. “But–
“But nothing!” she yells. “I can’t believe you people are calling me again!”
“But there’s a very important election coming up this Tuesday and if you don’t vote for Jane Corwin horrible things will happen to you and the people you love…she was a successful business fetus…hello?”
[dial tone]
“Hi, sir, my name’s Steve and I’m a volunteer for the Jane Corwin campaign–”
“Jesus!” a guy screams at me. “You know, I was thinking about voting for Corwin, but this is too much! You people have called me a dozen times in the last two days! I am sick of it!”
“But Jane Corwin wants to rule over you with an iron fist,” I calmly relay. “Don’t you crave strong leadership?”
“What?!” he balks. “An ‘iron fist’?”
“Yes,” I assure him. “These phone calls are just the beginning. When Jane’s in Congress she will do everything in her power to crush you mentally and physically.”
“Don’t call me again!” he says and slams down the receiver.
http://www.buffalobeast.com/?p=6072
Relativ gute Nachrichten für Hochul: In ihrer Hochburg, Erie County, lag die Wahlbeteiligung etwas höher als erwartet, aus anderen Counties ist noch nichts bekannt. Auch der prozentuale Anteil Eries an den Briefwahlunterlagen des gesamten Wahlkreises war höher als zu erwarten.
Der zunehmend clowneske Jack Davis allerdings behauptet, in einer für ihn durchgeführten Umfrage liege er bei 47%.
http://www.dailykos.com/story/2011/05/24/978897/-NY-26:-The-final-countdown?via= tag
http://www.politico.com/blogs/davidcatanese/0511/Higher_than_normal_turnout_in_N Y26.html?showall
Und hier eine kleine Grafik des Geldes aus überregionalen Quellen, das in den letzten zwei Wochen in den Staat geflossen ist: Gegen wen wurde damit zur Attacke geblasen, wer wurde gepriesen?
http://www.opensecrets.org/news/2011/05/attack-ads-fly-new-york-special-election .html
So, guts Nächtle! Ihr könnt ja mal Eure Prognosen posten, würde mich schonmal interessieren, wer heute noch Davis-Aktien für 17 gekauft hat...
Politico hat die Zahlen bei 91 Prozent ausgezählten Stimmbezirken:
Hochul 48
Corwin 42
Davis 9
Andere 1
Kleinere Verschiebungen sind natürlich noch möglich. Lasst die Spiele (diesmal in Washington) beginnen!
http://www.politico.com/news/stories/0511/55644.html
Die New York Times schreibt von 47% für Hochul, 43% für Corwin. Corwins Leute haben Einspruch eingelegt, das offizielle Endresultat wird also noch ein, zwei Tage auf sich warten lassen.
Der Begriff "unforced error" beschreibt ganz gut, was sich die GOP gerade geleistet hat. Man brachte einen Haushaltsentwurf in das Repräsentantenhaus ein, obwohl der eh keine Chance hatte, jemals vom gesamten Kongress verabschiedet zu werden - ein rein symbolischer Akt. Die Führung der Fraktion ignorierte Warnungen der parteieigenen Meinungsforscher und vieler Abgeordneter, die drastische Umgestaltung / Abschaffung von Medicare werde an den Wahlurnen absolutes Gift sein: Fraktionsführer Boehner sah sein Amt von aufmüpfigen Rechten in der eigenen Fraktion gefährdet und beschloss, ein Zeichen zu setzen, dass auch mit ihm an der Spitze ein entschlossener, ideologisch zugespitzter Kurs gefahren werde. Deshalb wurde auf Zweifler in den eigenen Reihen denn auch massiver Druck ausgeübt, der sich auszahlte: Nur vier Abgeordnete der GOP verweigerten dem Haushaltsentwurf ihren Segen.
Die Nachwahl hat gezeigt, dass das Thema offenbar viele Bürger mobilisieren kann, dummerweise in die falsche Richtung. Nun zittern Abgeordnete aus allen nicht absolut bombensicheren Wahlkreisen, dass sie in anderthalb Jahren im Wahlkampf mit ihrem Wahlverhalten konfrontiert werden - eine Meinung kann man bei Bedarf ändern, das im Parlament abgegebene Votum nicht.
Ein lustiger Nebenaspekt des Ganzen ist, dass der Haushaltsentwurf nun im Senat zur Abstimmung kommt: Nicht etwa auf Betreiben der GOP, die das Ganze ja eh nur als symbolische Aktion betrachtet hatte, sondern durchgedrückt von den Demokraten. Jetzt müssen also die republikanischen Senatoren Farbe bekennen: Stimmen sie für den Entwurf, da er nun mal Parteilinie ist und ihnen sonst möglicherweise eine rechte Heruasforderung in den parteiinternen Vorwahlen erwächst, oder stimmen sie dagegen, weil es ihre Wiederwahl gefährdet? Scott Brown muss nächstes Jahr seinen Sitz im linken Massachusetts verteidigen; er hat in einem eigenen Artikel auf "Politico" schon angekündigt, gegen den Hausentwurf stimmen zu wollen.
Erschwerend wirkt sich aus, dass die GOP in den letzten Jahren jede parteiinterne Diskussion diskreditiert hat, erst kürzlich musste das Newt Gingrich erfahren. Politiker der Partei stehen deshalb vor einem Dilemma: Der bisherige Kurs ist korrekturbedürftig, wenn man an die Wahl in einem Jahr denkt, andererseits wird jeder, der sich mit einem solchen Vorschlag aus der Deckung wagt, sofort von den konservativen Meinungsführern unter Beschuss genommen. Viel Vergnügen!
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Hochul getting this close to half the vote is astonishing in a district where in 2010 the Democratic candidate got just 26 percent of the vote. Even in the very good Democratic year of 2008, the Democratic nominee got just 40.5 percent. To get a sense of how this result might extrapolate elsewhere, look at very Republican Wyoming County. Hochul lost it, as President Obama did in 2008. But Hochul matched Obama’s 36 percent share of the vote. If every Democratic House candidate in 2012 could reach Obama’s 2008 vote share, Democrats would be back in control by a substantial margin
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