Vielleicht besser, wenn wir die Infos zu diesem Zwei-Wochen-Markt aus dem mäandrierenden Vorwahl-Thread rausnehmen:
Wieder eine spannende Nachwahl zum Repräsentantenhaus in diesem Staat, wo man offenbar ein Faible für explosive politische Konstellationen hat. Bis vor kurzem galt der Urnengang als lokale Angelegenheit, ist der entsprechende Stimmbezirk doch klar konservativ geprägt. Doch dann kamen die Republikaner im Kongress mit ihrem Vorschlag, wie das Defizit zu verringern sei: Durch gravierende Veränderungen an der staatlichen Gesundheitsfürsorge für Senioren Medicare nämlich. Die soll nach dem Willen der GOP durch ein Gutscheinsystem mit staatlichen Zuschüssen ersetzt werden. Das hat unerwartet Bewegung in den Wahlkampf bei der Stadt Buffalo gebracht.
Gewisse Parallelen mit einem anderen New Yorker Stimmbezirk, zu dem wir 2009 einen Markt hatten, drängen sich auf: Ebenfalls eine klar konservative Gegend, in der die offizielle Kandidatin der GOP aber von zwei Seiten in die Zange genommen wurde (und noch vor der Wahl angesichts immer mieserer Umfragezahlen das Handtuch warf): Von (mitte-)links, ihrem demokratischen Herausforderer also, und von rechts, einem Kandidaten auf Tea-Party-Linie. Unsere GOP-Heldin in New York 26 versucht between a rock and a hard place Kurs zu halten: Sie verteidigt wacker die republikanischen Reformpläne zum Gesundheitssystem, um als richtige Republikanerin zu erscheinen. Natürlich wird das entsprechende Attacken ihrer demokratischen Gegnerin nach sich ziehen; wie sich der selbsternannte Tea-Party-Kandidat positioniert, wäre noch mal zu recherchieren. Er ist auf jeden Fall ein reicher Industrieller, der bereits über eine Million in den eigenen Wahlkampf gesteckt hat und die Wähler mit eher protektionistischen Tönen zu umgarnen sucht; der Mann hat 2004 und 2006 bereits für diesen Sitz kandidiert, damals allerdings als Demokrat - eine wahrhaft schillernde Persönlichkeit. Viele Informationen bei Wikipedia [wikipedia.org].
Updates zum Wahlkampf bietet auch diese Seite [politico.com] aus dem Politico-Stall, da kann man etwa einen Fernsehspot [politico.com] der Republikanerin schauen.
Umfragen gab es auch schon, siehe Wiki-Artikel oben.
Ende April: Corwin (R) 36, Hochul (D) 31, Davis (Tea) 23, Murphy (Greens) 1, Unentschlossen 9;
Anfang Mai (Umfrage im Auftrag der Demokratin erhoben): Corwin (R) 31, Hochul (D) 30, Davis (Tea) 26, Unentschlossen 13.
Viel Vergnügen beim Handeln!
EDIT: Wahlkampf-Satireseite [janecorwin.org] zu Republikanerin Corwin, saugut!
by David Nir [dailykos.com]
Public Policy Polling [dailykos.com] for Daily Kos and SEIU (5/5-8, likely voters, no trendlines):
Kathy Hochul (D): 35
Jane Corwin (R): 31
Jack Davis (T): 24
Ian Murphy (G): 2
Undecided: 8
(MoE: ±3.0%)
Mittlerweile hat sich eine republikanische Lobbygruppe mit hunderttausene von Dollars in den Wahlkampf gestürzt, auch die Demokraten werben um Geld für eine Gegenkampagne. Der Tea-Party-Kandidat ist eh stinkreich und hat seiner eigenen Kampagne gerade eine weitere halbe Million überwiesen; da dürfte einiges an Fernseh- und Radiowerbung auf das arme Stimmvieh zukommen.
Die linke Seite Daily Kos veröffenlicht in schneller Taktung Analysen zum Wahlkampf in NY 26 - wobei man halt nicht vergessen sollte, dass das von einem bestimmten politischen Standpunkt her geschieht. Zu finden ist das Neueste immer hier:
http://www.dailykos.com/news/NY-26
Die Linke ist elektrisiert von der Chance, die sich hier zu bieten scheint:
Kathy Hochul has the potential to be our Scott Brown, the first victory in a long battle to reclaim our country from right-wing ideologues that will not stop until the most vulnerable among us are left by the wayside. The future of our country will be determined over the next few years and I for one would rather have the good guys running the show. Kathy Hochul's victory would be that critical first step.
* Click here to access and donate to Kathy Hochul's ActBlue page!
http://www.dailykos.com/story/2011/05/10/974848/-NY-26:-DCCC-%28Finally%29-Steps -Up
Oder schafft es ein Rechter, was in NY 23 nur knapp misslang: Die offizielle Republikanerin immer weiter zu marginalisieren, den Großteil der republikanischen Stimmen auf sich zu vereinigen und im Namen der Tea Parties einen Sieg einzufahren? Davis hat angekündigt, im Falle eines Sieges der republikanischen Fraktion im Repräsentantenhaus beizutreten, was es für Republikaner etwas leichter machen könnte, ihm und nicht der offiziellen Kandidatin den Vorzug zu geben.
Die letzte Woche verlief nicht allzu glücklich für Tea-Party-Kandidat "Crazy Jack" Davis. Zunächst gab er bekannt, nicht an einer öffentlichen Debatte der Kandidaten der Nachwahl teilnehmen zu wollen, mit einer schwer verständlichen Begründung. Dann sah er sich mit einem "Tracker" konfrontiert, der ihm mit einer Videokamera folgte und immer wieder nervtötend fragte, warum er denn nicht debattieren wolle - spätestens seit dem berühmten "Macaca-Moment" vor fünf Jahren, der rüde den Höhenflug des damaligen republikanischen Shootingstars George Allen beendete, sollte jedem Kandidat klar sein, dass in einer solchen Situation Vorsicht geboten ist. Nicht so Davis: Er geht auf die Nervensäge zu, fragt charmant: "You want punched out?" - und schlägt dann zu. Das Opfer lässt ein paar theatralische Schreie hören, Davis Eskorte wird auch noch einmal handgreiflich, am gleichen Abend ist das Filmchen bei jeder Zeitung und jedem Nachrichtensender gelandet.
Allerdings gibt es ein Nachspiel, das Republikanerin Jane Corwin auch nicht im besten Licht zeigt: Ihre Leute mussten einräumen, dass der "Tracker" einer ihrer engsten Vertrauten war. Nach dem Video befragt, sagte Corwin, sie habe es nicht gesehen, was ihre Leute abends so trieben, sei nicht ihre Sache. Wer's glaubt...
Derweil geht ein warmer, unverhoffter Dollarregen auf die Medienbranche in diesem Teil New Yorks nieder: Die Demokraten in Washington investieren voller Hoffnung auf einen Überraschungssieg 250.000$ in Werbung, die Republikaner (und "American Crossroads", Karl Roves Wahlkampfmaschine) pumpen insgesamt eine Million in den Wahlkampf - eine Niederlage in NY 26 wäre für die Partei äußerst unangenehm.
http://www.politico.com/blogs/davidcatanese/0511/NRCC_ups_the_ante_in_NY26.html? showall
Kürzlich war der republikanische Speaker John Boehner vor Ort, bei den Demokraten sagte sich Nancy Pelosi zu einem Fundraiser an: Eine Wahl von ursprünglich nur lokaler Bedeutung elektrisiert das politische Establishment der USA.
EDIT: Bericht über die wahrscheinlich einzige öffentliche Debatte der beiden Kandidatinnen, im Zentrum stand wenig überraschend die Zukunft von Medicare:
http://hotlineoncall.nationaljournal.com/archives/2011/05/ryan-budget-pla.php
Und noch ein Post zu den Wahlkampffinanzen: Es fließt noch mehr Geld als oben vermeldet; die schwerreiche Corwin hat für ihrem eigenen Wahlkampf beispielsweise gerade fast eine zusätzliche Million Dollar überwiesen.
http://www.dailykos.com/story/2011/05/13/975760/-NY-26:-Money,-ads,-and-more?via =tag
Eine weitere Gruppe - diesmal den Demokraten nahe stehend - wird Geld in den Wahlkampf in NY 26 investieren. Die Medien in diesem Teil des Landes werden ihr Glück kaum fassen können, wahrscheinlich braucht es bald zusätzliche Werbeblöcke:
Ein Sitz wird bald fehlen, dem Norden des Staates New York nämlich; da die Einwohnerzahl des Staates relativ zum Rest der USA gesunken ist, muss demnächst ein Wahlkreis für Wahlen zum Repräsentantenhaus im republikanerfreundlichen Teil des Staates dran glauben. Jane Corwin, Kandidatin in New York 26, hat beste Verbindungen zum Parlament des Staates, schließlich ist sie dessen Abgeordnete; wenn sie den Sitz gewinnt, kann sie darauf hoffen, dessen Abschaffung zu verhindern, dann müsste vermutlich ein anderer, lokal weniger gut vernetzter republikanischer Abgeordneter in Washington dran glauben. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass Corwin ne Menge Unterstützung von Republikanern von außerhalb des Staates erhält, ihre Parteifreunde aus den benachbarten Wahlkreisen aber keinen Finger für sie rühren.
http://www.rollcall.com/issues/56_122/Special-Election-Effect-Redistricting-NY-2 05620-1.html
Keine wichtige Story, was den Ausgang der bevorstehenden Wahl betrifft, aber ein weiterer faszinierender Einblick in das amerikanische politische System, wie mir deucht.
"I don't think right-wing social engineering is any more desirable than left-wing social engineering," Gingrich said, calling the plan "too big a jump" for the country. "I don't think imposing radical change from the right or the left is a very good way for a free society to operate."
Und, völlig off-topic, aber in Zusammenhang mit nem anderen Thread relevant, wo der IWF mal wieder als neoliberales Monster dargestellt wird: Strauss-Kahn (wie auch immer sein Triebleben aussehen mag) hat besagte Institution deutlich nach links geführt.
http://yglesias.thinkprogress.org/2011/05/dominique-strauss-kahn/
Eine neue Erhebung von Siena, zunächst die Prozentzahlen und dann in Klammern, wie viele der jeweiligen Anhänger angaben, diesen Kandidaten mit Sicherheit wählen zu wollen:
Hochul 42 (73%)
Corwin 38 (66%)
Davis 12 (43%)
Murphy 1
Unentschlossen 7
In den letzten Wochen hatte Davis ein paar Probleme (siehe oben), außerdem sind inzwischen die beiden Parteien sowie diverse mit ihnen verbandelte Organisationen dort aktiv mit Callcentern, Robocalls, Radio-und Fernsehspots sowie Auftritten überregionaler Parteigrößen. Das scheint den exzentrischen Einzelgänger Unterstützung zu kosten. Davon scheint Hochul (die Demokratin) allerdings stärker zu profitieren als Corwin. Der Margin of Error liegt bei 3,9%, es gibt noch einige unentschlossene Wähler - das sollte spannend werden am Dienstag.
Es gibt allerdings noch eine weitere Umfrage, mit großer Vorsicht zu genießen, da von Davis in Auftrag gegeben und veröffentlicht:
Hochul 44
Davis 27
Corwin 17.
http://www.dailykos.com/story/2011/05/21/978007/-New-Polls-of-NY-26-Race?via=tag
Politico zufolge macht man sich in der GOP Sorgen:
With the contest entering its final weekend, party officials acknowledge what a Siena College poll released Saturday confirmed: Republican Jane Corwin narrowly trails Democrat Kathy Hochul. The Republican has so far failed to capture a portion of GOP votes that instead might be cast toward Jack Davis, despite a cascade of late attacks targeting the tea party candidate as a Democrat in sheep’s clothing. [...]
Republicans monitoring the race cautioned that Corwin remains competitive, pointing to the district’s GOP-friendly electorate and the heavy involvement of conservative outside groups. One senior GOP official said internal polling showed some signs of tightening over the last several days. Another called the race “tight as a tick.”
“I’m hopeful,” said former New York Rep. Bill Paxon, a past National Republican Congressional Committee chairman who is advising Corwin. “I’m very hopeful.”
But Republican fears are palpable. Over the last several weeks, GOP-aligned groups have poured $1.2 million into the race – double the amount of left-leaning independent groups. This week the party dispatched one of its highest profile figures, Florida Sen. Marco Rubio, to record a last-minute robocall telling Buffalo voters it was “critical” that they support Corwin.
Manche Republikaner glauben auch, Multimillionärin Corwin tue sich schwer damit, von normalen Wählern akzeptiert zu werden:
While her conservatism may fit well with the GOP-leaning district, there’s also a sense that Corwin, whose net worth has been estimated to be as high as $158 million, didn’t resonate with the area’s blue-collar voters.
“I don’t think Jane has made any huge mistake. It’s that she’s a wealthy, attractive woman and not everyone in the district likes that,” said one GOP source. “People want to see someone like them, but that never came across. That did come across in Kathy’s ads.”
Some Republicans point to a broader lack of aggressiveness that may have hurt the Republican candidate. While Corwin recited talking points during debates, Hochul displayed a lively, hard-hitting posture.
Above all, Republicans struggled with what is now turning into a replaying horror movie: New York special elections. Just like the 2009 race for a vacant upstate New York House seat, Republicans are contending with a third-party candidate who is sucking GOP support from them and providing an opening for Democrats.
http://www.politico.com/news/stories/0511/55406.html (dort auch das obige Bild)
EDIT: Wenn Hochul hier wirklich gewinnt, dann wird ihr Wahlkampf im nächsten Jahr sicherlich von vielen Demokraten kopiert: Gegen Steuererleichterungen für Reiche, gegen einen radikalen Umbau der Gesundheitsversorgung älterer Bürger - ein klarer Kontrast zur GOP. Interessant wird sicher, wie die GOP reagiert: Mit Gingrich hatte ja schon ein Präsidentschaftskandidat der Partei versucht, sich von den Plänen der republikanischen Abgeordneten zu distanzieren, worauf diese heftig über ihn hergefallen waren. Mittlerweile lässt man allerdings in republikanischen Kreisen verlauten, die Umbaupläne sollten nur für Bürger gelten, die unter 55 Jahren sind.
Als Ergänzung zu den Umfragezahlen hier mal die Ergebnisse der letzten Haus-Wahlen - natürlich nie mit einem Kandidaten wie Davis, der deutlich stärker scheint als bisherige Kandidaten, die nicht den beiden großen Parteien angehörten. Mal sehen, wie gut sich sein Stimmenanteil hält und für wen sich desillusionierte Fans entscheiden. Morgen soll es übrigens nochmal eine Umfrage geben. Die Zahlen:
2002
Republican 74, Democrat 22, Other 4
2004
Republican 56, Democrat 44
2006
Republican 52, Democrat 48
2008
Republican 55, Democrat 41, WFP 4
2010
Republican 74, Democrat 26
Man sieht, dass die Demokraten hier durchaus über 40 Prozent erreichen können, ihnen aber selbst in den beiden für die Partei sehr erfreulichen Wahljahren 2006 und 2008 ein Sieg verwehrt blieb. Andererseits war das in NY 23 auch nicht anders und dort hats bei der Nachwahl 2009 gelangt. Wird spannend.
http://www.dailykos.com/story/2011/05/21/978082/-Analyzing-NY-26-by-County?via=t ag
The factor that really suggests Hochul's strength is the favorability rating. Hochul has a 55% favorability rating, 38% unfavorable. Corwin is just 43% favorable, 49% unfavorable. And this suggests that Jack Davis's candidacy, while hurting Corwin, is almost certainly not the decisive factor here. When a candidate with +17 favorability runs against a candidate with a -6 favorability, the +17 candidate almost always wins, spoiler or no spoiler.
Kurz nach Siena nun noch einmal PPP (in Klammern die ältere Umfrage des Instituts):
Kathy Hochul (D): 42 (35)
Jane Corwin (R): 36 (31)
Jack Davis (T): 13 (24)
Ian Murphy (G): 3 (2)
Undecided: 5 (8)
(MoE: ±2.9%)
Politico-Artikel über Corwins verzweifelte Versuche, sich in letzter Minute vom Haushaltsentwurf der Republikaner mit seinen Kürzungen im Gesundheitssystem zu distanzieren, der ihr wie ein Mühlstein um den Hals zu hängen scheint:
Und ein bisschen Nostalgie: 1964 war wohl das Jahr mit den besten Wahlkampfspots aller Zeiten. Auch damals hatten die Demokraten ihren Erdrutschsieg wohl auch diesem Filmchen zu verdanken, das vor sozialen Einschnitten warnt, falls der republikanische Gegner an die Macht komme; natürlich wieder mit unschuldigen Kindern im Bild:
http://www.youtube.com/watch?v=qmthfpN7Azw
Mittlerweile völlig OT: Ein herrlich fieses Filmchen aus dem gleichen Jahr über Atomtests; warum gibts solche brutal emotionale Spots eigentlich heute nicht mehr?
http://www.youtube.com/watch?v=U-VzZQGWOqA&feature=related
Wenig Hilfe für unseren Markt: 538 schaut sich die Umfragezahlen an und warnt dann davor, aufgrund von Hochuls solidem Vorsprung zu glauben, die Messen seien schon gelesen. Nachwahlen seien von Meinungsforschern viel schwerer zu prognostizieren als andere Wahlen; die Zusammensetzung der Wählerschaft (wichtig bei der Gewichtung der Rohdaten einer Umfrage) sei schwieriger vorherzusagen. Jack Davis Absturz in den Umfragen sorge für zusätzliche Volatilität. Fazit:
If I were asked to set odds on the race, I would probably make Ms. Hochul something like a 2-to-1 or perhaps 5-to-2 favorite. A relatively wide range of outcomes are possible, from a double-digit win for Ms. Hochul to a win for Ms. Corwin by several points.
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Germany / Austria / Switzerland
All national and state elections as well as selected local, mayoral and party elections
Europe
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UK
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