Libyen: War die deutsche Enthaltung im Sicherheitsrat richtig oder falsch?

Beiträge 31 - 40 von 238
  • Die Russen wollen Fakten

    carokann, 19.03.2011 21:03, Antwort auf #30
    #31

    MUST SEE - Russischer Gesandter bei der NATO analysiert den Konflikt

    http://www.youtube.com/watch?v=5Nkh4_0fRTQ&feature=fvst

    ein echtes Schwergewicht

    http://en.wikipedia.org/wiki/Dmitry_Rogozin

  • Pariser Erklärung zu Libyen 19-03-11 volles pdf

    carokann, 19.03.2011 21:11, Antwort auf #31
    #32
  • Twitter-Tweets: Nachrichtenwert? / Links

    Wanli, 19.03.2011 21:24, Antwort auf #32
    #33

    Der Slate-Artikel ist ganz aufschlussreich, danke. Nach dem vielen Lob über die BBC-Berichterstattung über Japan gibt's jetzt doch ein Element des Livetickers, der mich stört: Da werden öfters Twitter-Meldungen eingeflochten, die von irgendwelchen Rebellen geschrieben zu sein scheinen. Aber kann man überhaupt nachvollziehen, woher die wirklich kommen? Könnte sich nicht jeder als "Liberty4Libya" anmelden und lostwittern? Und wer wählt aus dem Twitter-Strom die Tweets aus, die die BBC dann veröffentlicht?

    http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-12776418

    Der "Atlantic" hat einige lesenswerte Posts:

    Die Haltung der Nachbarn Libyens zur westlichen Intervention:

    http://www.theatlanticwire.com/global/2011/03/where-each-middle-east-country-sta nd-libya/35927/

    Interessant: Ägypten soll die Rebellen inzwischen mit Waffen versorgen.

    Starblogger Andrew Sullivan gibt sih eher skeptisch:

    http://andrewsullivan.theatlantic.com/

    Die Huffington Post wittert Al-Quaida-Sympathisanten unter den Rebellen:

    According to a cache of al Qaeda documents captured in 2007 by U.S. special operations commandos in Sinjar, Iraq, hundreds of foreign fighters, many of them untrained young Islamic volunteers, poured into Iraq in 2006 and 2007. The documents, called the Sinjar documents, [usma.edu] were collected, translated and analyzed at the West Point Counter Terrorism Center. Almost one in five foreign fighters arriving in Iraq came from eastern Libya, from the towns of Surt, Misurata and Darnah.

    On a per capita basis, that’s more than twice as many than came from any other Arabic-speaking country, amounting to what the counter terrorism center called a Libyan “surge" of young men eager to kill Americans.

    http://www.huffingtonpost.com/2011/03/19/extremists-among-libya-rebels_n_837894. html

    Könnte sein, dass mancher Sympathisant in Ostlibyen seine Meinung jetzt überdenkt.

  • Die Opposition ist eben heterogen

    drui (MdPB), 19.03.2011 22:19, Antwort auf #33
    #34

    Ich halte es für völlig überzogen, hier irgendeinen relvanten Einfluss von el Quaida zu vermuten. Natürlich ist die Opposition heterogen, bei so vielen Stämmen und verfolgten Personen in dem Land. Gaddafi wechselt Freunde und Feinde schneller und häufiger als seine Unterhosen, da kommt schon einiges zusammen. Der saudische König hasst den Typen, obwohl er wohl auch kein Freund von El Quaida sein dürfte, und er ist in der arabischen Welt doch ziemlich isoliert, unabhängig davon, ob man da schiitisch, sunnitisch, pro- oder anti-amerikanisch denkt. Jeder weiß doch, dass der Typ narzistisch und irre ist, was viele aber nicht davon abhält, Geld- und Ölgeschenke anzunehmen. Er erinnert mich immer ein wenig an sozial isolierte kleine Jungen, die sich in der Schule Freundschaftsdienste erkaufen. Und Sarkozy ist einer der "größeren" Jungs, der jetzt mal auf dicke Eier machen möchte, weil ihm der Freundschaftsdienst inzwischen peinlich ist. Wenn der Einsatz jetzt dazu führt, dass um Benghazi und Tobruk herum eine Art Schutzzone für Zivilisten entsteht, kann ich damit leben.

  • Der Un-Bush

    Wanli, 20.03.2011 10:21, Antwort auf #34
    #35

    Ich halte es für völlig überzogen, hier irgendeinen relvanten Einfluss von el Quaida zu vermuten.

    Nun, die kriegskritische HuffPost greift nach jedem Strohhalm, um den Einsatz zu diskreditieren. Selbst wenn ihre Behauptung zutreffen sollte, hab ich ja mit dem Nachsatz schon angedeutet, dass das nicht unbedingt ein Argument gegen eine Intervention ist.

    Wie die Opposition auch aussieht, davon vermittelt ein Nachruf auf den gestern getöteten Mohammed Nabbous eine Eindruck, der als Internet-Journalist über die Rebellion berichtet hatte:

    As a leader and a member of the Transitional National Council, he gathered a progressive group of activists around him and organized the institution known as the 17 February Revolution Youth Media Centre.

    Nabbous single-handedly built a megaphone to the outside world— part television studio, internet relay, and command and control centre.

    He cut a striking figure, tall and suave with a British accent acquired at Oxford, where he studied engineering, and spoke with quickfire brilliance. His was a singular dedication to the revolution and a better future for his country, for which he gave his life, and we mourn him.

    http://www.guardian.co.uk/world/blog/2011/mar/19/libya-no-fly-zone-live-updates# block-37

    Die Washington Post lobt Obamas Vorgehen, eine tatsächliche Koaltition zusammenzubringen, in der die Vereinigten Staaten einmal nicht die Führungsrolle hätten: Ein Beitrag zu einer dringend nötigen Imagekorrektur im Nahen Osten.

    What’s increasingly clear watching the play of events over the past week is that Obama really does want to change the narrative about America and the Arab world — even at the cost of being criticized as vacillating and weak-willed. He senses (rightly, in my view) that over the past several decades America, without really intending to, became a post-colonial power in the Middle East. The narrative of American military intervention stretches from Lebanon to Iraq to Afghanistan, with the ghastly interlude of Sept. 11, 2001. Obama seems determined to break with it. He really is the un-Bush.

    http://www.washingtonpost.com/blogs/post-partisan/post/an-allied-intervention-in -libya/2011/03/03/ABhS5Yx_blog.html?tid=wp_ipad

  • Käßmann-Interview

    drui (MdPB), 20.03.2011 12:35, Antwort auf #35
    #36

    Frage: Der UN-Sicherheitsrat hat sich für eine Flugverbotszone ausgesprochen. Zu recht?

    Käßmann: Das halte ich eng begrenzt für richtig, weil man das freiheitsliebende Volk vor einem völlig irrsinnig gewordenen Diktator schützen muss.

    Frage: Flugverbotszone heißt: militärisch eingreifen.

    Käßmann: Natürlich ärgert mich grundsätzlich, dass am Ende immer die Frage steht: Muss man jetzt mit Gewalt die Situation lösen? Seit mehr als 20 Jahren war offensichtlich, was in Libyen vor sich geht. Warum wurden die Rüstungsexporte dorthin nicht verboten? Warum wurde zugelassen, dass Unrechtsregime im Mittelmeer mit Kriegsschiffen aus Europa gegen Flüchtlinge patrouillieren? Warum wurde Gaddafi als Staatsgast empfangen und man fand so schön exotisch, dass er im Garten des Elyséepalastes zeltete.

    Käßmann-Zeit [zeit.de]

    Irgendwie ist das doch alles recht symbolisch. Man wird keinen Regimewechsel erreichen, man wird keine Demokratie und keinen Rechtsstaat erreichen, aber einige westliche Länder können ihr Image in der arabischen Welt etwas aufpolieren. Es sei denn, Gaddafi kehr zum Terror zurück oder setzt Giftgas ein, dann wird es noch übler. Ein weiterer "failed state", an einer strategisch extem ungünstigen Stelle.

  • RE: Käßmann-Interview

    Wanli, 20.03.2011 13:33, Antwort auf #36
    #37

    Käßmann ist immer ganz interessant, weil sie irgendwo ne richtige Muster-Deutsche ist: Sie tickt so wie ein Gutteil der Nation, wir alle sind ein bisschen Käßmann. Ernsthaft bemüht, sich einen Reim auf die Welt zu machen, die Hoffnung nicht zu verlieren, ethisch zu denken: Das ist ja schonmal was. Aber im Zweifelsfall auch mit dem Hang zur Platitüde, zur Rührseligkeit, zum romantischen Eskapismus. Beispiele aus dem Interview gefällig?

    [D]ie Regierung müsste das Thema [Atomkraft] aus dem Parteiengezänk herausnehmen.

    Parteiengezänk: Klassisch autoritärer Topos, unterstützt noch dadurch, dass die Regierung offenbar als zuständig für den politischen Diskurs erachtet wird.

    Nach dem Tod von Robert Enke haben alle gesagt, der Spitzensport werde nie mehr derselbe sein, wir werden innehalten, nicht mehr diesen Leistungsdruck haben, ganz anders Fußball spielen.

    Gesellschaftskritik als Reaktion auf ein medizinisches Problem namens Depression. Deplatziert.

    Es ist Hybris zu glauben, dass der Mensch die Technik und die Natur beherrscht.

    Das hört man ja nun ständig. Was soll es eigentlich heißen?

  • Westerwelle-Interview ist kein Käse, Mann!

    carokann, 20.03.2011 14:24, Antwort auf #37
    #38

    Westerwelle:Wir wollen den Diktator stoppen.
    Deswegen standen wir bei den Sanktionen
    von Anfang an an der Spitze der
    internationalen und europäischen Bewegung.
    Aber militärische Einsätze und
    Luftschläge sind etwas anderes. Ich will
    nicht, dass wir auf eine schiefe Ebene geraten,
    an deren Ende dann deutsche Soldaten
    Teil eines Kriegs in Libyen sind.
    SPIEGEL: Macht man sich durch Nichtstun
    nicht genauso schuldig wie durch militärisches
    Eingreifen?
    Westerwelle: Die Alternative zu Militäreinsätzen
    ist doch nicht Nichtstun. Wenn
    man einen Militäreinsatz mit all seinen
    Unwägbarkeiten bis zum Ende denkt, womöglich
    bis zum Einsatz von Bodentruppen
    und einer jahrelangen Präsenz, dann
    komme ich zu dem Ergebnis: Nein, wir
    werden uns mit deutschen Soldaten nicht
    beteiligen, so ehrenwert auch die Motive
    unserer Partner sind, die sich anders entschieden
    haben.
    ...
    SPIEGEL: Die Arabische Liga hat eine Flugverbotszone
    gefordert. Mit Katar und den
    Vereinigten Arabischen Emiraten wollen
    sich wohl zwei arabische Länder an der
    Durchsetzung beteiligen. Damit sind die
    Bedingungen erfüllt, die sie selbst auf -
    gestellt haben. Warum wollen Sie nicht
    zumindest an Awacs-Aufklärungsflügen
    beim Kampf gegen Muammar al-Gaddafi
    teilnehmen?
    Westerwelle: Wir werden uns mit deutschen
    Soldaten am militärischen Eingreifen
    in Libyen nicht beteiligen. Ich wiederhole:
    Wir haben das sehr gründlich
    erwogen und eine grundsätzliche Entscheidung
    getroffen. Die gilt. Wie die
    Staaten der Region sich konkret verhalten,
    werden wir sehen. Ich beobachte,
    dass ausgerechnet diejenigen in Deutschland
    jetzt rufen „Rein nach Libyen!“, die
    sonst rufen „Raus aus Afghanistan!“.
    SPIEGEL: Es geht erst mal nur um eine Flugverbotszone.
    Niemand will doch Bodentruppen
    nach Libyen schicken.

    Westerwelle: Die Resolution hat Luftschläge
    autorisiert. Und eine No-Fly-Zone ist
    kein verkehrsrechtliches Regelwerk, sondern
    ein militärischer Eingriff, zum Beispiel
    durch die Zerstörung von Luft -
    abwehrstellungen. Ich sehe mich in einer
    Tradition der Zurückhaltung, was militärische
    Einsätze angeht. Das Wichtigste ist
    jetzt der Schutz der Menschen, die humanitäre
    Aufgabe. Wir müssen den Aufständischen
    die Möglichkeit geben, in Sicherheit
    leben zu können. Gaddafi muss
    weg – ohne Frage. Und ich wünsche mir,
    dass meine Sorgen bezüglich der Militäreinsätze
    unberechtigt sind.
    SPIEGEL: Wie wollen Sie das erreichen?
    Gaddafi lacht über die Sanktionen.
    Westerwelle: Die Sanktionspolitik ist noch
    nicht ausgeschöpft. Sie kann und muss
    noch verschärft werden. Deswegen haben
    wir als Erste entsprechende Initiativen
    vorgeschlagen. Ich erinnere mich gut, wie
    es dabei anfangs auch Vorbehalte bei einigen
    Verbündeten gab. Aber erstaunlich
    vieles wurde in der Zwischenzeit durchgesetzt:
    die Befassung des Internationalen
    Strafgerichtshofs mit dem Diktator, die
    Reiseverbote für ihn und seinen Clan, das
    Waffenembargo, die Sperrung von Geldflüssen.
    Es muss alles getan werden, dass
    Gaddafi nicht mehr an frisches Geld her -
    ankommt, um neue Söldnertruppen anzuwerben
    – auch keine Geldzuflüsse
    durch weitere Verkäufe von Erdöl.
    SPIEGEL: Sie haben versucht, die National
    Oil Corporation (NOC) Libyens auf die
    schwarze Liste zu setzen. Das ist in der
    EU bisher nicht gelungen, vor allem Italien
    wehrt sich.
    Westerwelle: Die Resolution 1973 listet die
    NOC. Dies bedeutet eine Konteneinfrie-

    rung, die jetzt schnell umgesetzt werden
    muss. Wir gehen damit gezielt gegen die
    Ölindustrie vor.
    SPIEGEL: Aber ist die Sanktionspolitik
    auch glaubwürdig? Saif al-Islam, einer
    der Söhne Gaddafis, hat noch vor kurzem
    kaltblütig gesagt: Sie werden schon sehen,
    der Westen wird wieder Schlange stehen
    für unser Öl und Gas, wir kennen dieses
    Spiel. Und sein Vater hat den Russen und
    Chinesen große Lieferungen zugesichert,
    offensichtlich in der Überzeugung, die
    Weltgemeinschaft spalten zu können.
    Westerwelle: Das ist ihm ja nicht gelungen.
    Man muss auch Gaddafis erweitertem
    Umfeld klarmachen, dass es für die internationale
    Gemeinschaft kein Zurück gibt
    zur Zusammenarbeit mit dem Diktator.
    Deshalb haben wir uns für eine Befassung
    durch den Internationalen Strafgerichtshof
    eingesetzt.
    SPIEGEL:Wobei in Libyen eine verzweifelte
    Opposition händeringend die Weltgemeinschaft
    um Hilfe gebeten hat. Könnte
    der Effekt, wenn der Westen nichts tut,
    nicht gerade andersherum sein: Ihr gratuliert
    uns dazu, wenn wir Freiheit fordern
    und uns gegen die Diktatoren erheben,
    aber wenn es darauf ankommt, lasst
    ihr uns allein?
    Westerwelle: Es ist verständlich, dass die
    Aufständischen um Unterstützung gerufen
    haben. Aber wieso hat der Westen
    die primäre Verantwortung und nicht die
    Staaten der Region, die Arabische Liga
    vor allem? Wir Deutsche haben im Übrigen
    schon Gespräche mit der libyschen
    Opposition geführt.
    SPIEGEL: Was war Ihr Eindruck?
    Westerwelle: Wir haben sie unserer Sympathie
    versichert, aber auch die Frage gestellt,
    ob ihnen eine Stammesgesellschaft
    vorschwebt oder eine demokratische Gesellschaft
    mit fairen, freien Wahlen. Das
    sind berechtigte Fragen.
    SPIEGEL: Halten Sie es für verwunderlich,
    dass unter einem so repressiven System
    bislang keine lupenreinen demokratischen
    Führer heranwachsen konnten?
    Westerwelle: Das ist verständlich, da haben
    Sie recht. Und dennoch unterstützen wir
    als Demokraten die demokratische Entwicklung.
    Ich sehe mit großem Respekt,
    was in Libyen passiert, welche Risiken die
    Menschen bei dem libyschen Aufstand
    eingehen, und ich sorge mich mit den
    Menschen. Übrigens auch mit denen, die
    im Jemen, Bahrain, Iran, der Elfenbeinküste
    und vielen anderen Ländern, die
    heute nicht im Fokus der Aufmerksamkeit
    stehen, für ihre Freiheit eintreten.

    SPIEGEL 12/2011

    Habemus Aussenminister! Das ganze, lange Interview ist höchst lesenswert.

  • RE: Westerwelle-Interview ist kein Käse, Mann!

    Wanli, 20.03.2011 14:52, Antwort auf #38
    #39

    Deutlich besser als jüngst im Deutschlandfunk, ein paar Hausaufgaben hat er wohl gemacht. Aber hier:

    Das Wichtigste ist jetzt der Schutz der Menschen, die humanitäre Aufgabe. Wir müssen den Aufständischen
    die Möglichkeit geben, in Sicherheit leben zu können. Gaddafi muss weg – ohne Frage.

    Da geht's ja offenbar um die zentrale Frage nach den Zielen der deutschen Politik. Ziemlich radikal übrigens: Gaddafi müsse weg, damit geht er schon deutlich über die UN-Resolution hinaus. Wie kann man einerseits verbal den Heißsporn geben, aber dann jede Art der Beteiligung an den zur Erreichung dieser Ziele zwingend nötigen militärischen Maßnahmen verweigern, selbst wenn es nur um ein paar symbolische Offiziere im AWACS-Flugzeug geht?

    Und zu den Sanktionen, die er anführt: Wunderbar. Aber gestern standen Gaddafis Truppen schon in Bengasi, haben Wohnviertel mit schweren Waffen beschossen; der Revolutionsführer selbst hat die Aufständigen als "Ratten" bezeichnet, die man allesamt töten wolle. Sprich: Ein Massaker schien gestern unmittelbar bevorzustehen. Mit Sanktionen verhindert man das nicht.

  • Libyen: Zeitungslesen ist eine Kunst!

    carokann, 20.03.2011 14:58, Antwort auf #39
    #40

    http://www.heise.de/tp/r4/artikel/34/34386/1.html

    Eine vernichtende Kritik an den deutschen Zeitungen, die gottseidank nicht entscheiden wohin WIR unsere Soldaten entsenden.

    So sehr ich Zeitungen schätze, so sehr halte man sich vor Augen, dass sie mit Blut geschrieben werden.

    Deshalb ist es so gefährlich, wenn ein Politiker seine Karriere auf dem direkten Draht via Medien zum "Volk" aufbaut wie dies Ex-Verteidigungsminister Guttenberg tat. Westerwelle hat echte Nehmerqualitäten entwickelt nach der berechtigten Kritik an seiner Amtsführung und arbeitet jetzt politisch und nicht publizistisch. Gut so!

    http://www.giga-hamburg.de/english/index.php?folder=staff/mattes&file=mattes _en.html

    Wissen könnte das zum Beispiel Hanspeter Mattes vom Hamburger Giga-Institut für Nahost-Studien, der in Sachen Arabien die Bundesregierung berät. Ruft man ihn an, dann hat der Experte aber keine Lust mehr, was am Telefon zu sagen. Vielleicht weil er schon alles gesagt hat, was er weiß. Zum Beispiel in der FAZ: "Die jungen Menschen entrichten den Blutzoll, wenn es darum geht, Polizeistationen anzugreifen - die Politik wird von alten Männern gemacht." Oder, so ist in der Berliner Zeitung zu lesen, dass im Osten Libyens wegen der starken religiösen Prägung der Menschen dort auch die meisten Islamisten zu finden seien, denen die moderate Islampolitik Gaddafis ein Dorn im Auge sei. Und dass die meisten Libyer, die sich Bin Laden und Al-Qaida angeschlossen hätten, aus den ostlibyschen Städten Darna und Tobruk stammten. Und dass die Politik in Libyen durch Stämme beherrscht werde, so sei das seit 1969 bestehende Bündnis des Gadadfa-Stammes, aus dem der Revolutionsführer kommt, mit den Stämmen Warfalla und Maqarha gegenwärtig stark gefährdet, weil Teile der Warfalla aus dem Bündnis ausgeschieden sind. Das erklärt der Experte, der die Bundesregierung berät.

    Wir lernen: Es kann so sein, dass die Verhältnisse ein bisschen komplizierter sind, als uns die mediale Schablone vom "Schlächter Gaddafi" hier und "Volk" da glauben machen. Zu kompliziert vielleicht, als dass man sie aus der Kanzel eines Kampflugzeuges heraus erkennen könnte.

    http://www.morgenpost.de/politik/ausland/article1565886/Das-schlimmste-Szenario- Libyen-bricht-auseinander.html

    Ein Interwiew vom 6. März zeigt, wie schnell sich die Lage verändert hat.

    Morgenpost Online: Was sind mögliche Szenarien für die Zukunft Libyens?

    Mattes: Über kurz oder lang wird es wieder eine staatliche Führung geben. Viel mehr Probleme wird der Weg dorthin bereiten. Das schlimmste Szenario wäre, wenn Libyen sich in einen West- und einen Oststaat aufspaltet. Der Westen ist zwar konservativ, aber trotzdem säkular und pragmatisch orientiert, der Osten hingegen hat ein stärkeres islamisches Profil. Wenn sich hier kein Kompromiss finden lässt, wird eine Aufspaltung wahrscheinlicher. Ein anderes Szenario wäre eine Übergangsphase mit einer verfassunggebenden Versammlung, die wichtige Fragen klärt: Soll es einen Präsidenten oder ein Kollektivorgan geben? Plan- oder Marktwirtschaft? Das wird dauern.

    Morgenpost Online: Wie gefährlich ist diese Übergangsphase? Könnte das Chaos Einfallstor für islamistischen Terror sein?

    Mattes: Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass Gruppen wie al-Qaida Fuß fassen könnten in Libyen. Ausschließen kann man es deshalb natürlich nicht, vor allem weil sich viele Kämpfer aus dem Osten des Landes Osama Bin Laden in Afghanistan angeschlossen haben. Die größere Gefahr für die Stabilität des Landes ist sicherlich, dass die Stämme sich nicht einigen können.

    Morgenpost Online: Was sollte die internationale Gemeinschaft in dieser Situation tun?

    Mattes: Es gibt die Möglichkeit, militärisch zu intervenieren: direkt oder indirekt. Aber dafür findet sich wahrscheinlich nicht in vielen Ländern die politische Unterstützung. Am ehesten könnten das noch die Amerikaner sein, aber ob die sich das aufbürden wollen, erscheint fraglich. Außerdem würden die Libyer eine solche direkte Intervention nicht unbedingt willkommen heißen. Der Vorsitzende des Übergangsrats im Osten sagte, er würde notfalls Luftschläge gegen Gaddafis Militärbasen akzeptieren, um die Bevölkerung zu schützen. Auch Flugverbotszonen sind eine interessante Idee – aber wer soll sie durchsetzen? Die Amerikaner scheinen ja auch von dieser Idee abzurücken. Dann bleibt nur Katastrophenhilfe, um die Flüchtlinge zu versorgen.

    Hier ein Leserkommentar aus der gescholtenen Zeit:

    http://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-03/libyen-sicherheitsrat-westerwelle

    Westerwelle hat für Deutschland richtig entschieden, nicht weil Gaddafi so toll ist, sondern weil die Rebellen nicht besser sind.

    Hier versucht eine nicht legitime Bewegung eine andere nicht legitime Herrschaft zu beenden. Warum ist die Bewegung nicht legitim? Weil sie bei weitem nicht vom gesamten libyschen Volke getragen wird. Gaddafi als Diktatur kann sowieso nicht legitim sein.

    Per Definition ist das schon lange keine Revolution mehr, sondern ein Bürgerkrieg.

    Nun als Außenstehender dort einzugreifen ist Wahnsinn. Egal welche Seite gewinnt, der Bürgerkrieg geht weiter und danach kommt die Rache zwischen den Gruppierungen.
    Greifen wir ein, werden wir es nicht verhindern können und trotzdem der Buhmann sein.

    Ägypten war eine Revolution wie sie im Buche steht. Der allergrößte Teil der Bevölkerung macht mit, das Militär weigert sich und verbrüdert sich mit den Aufständischen. Einzig direkt vom Herrscher abhängige Personen leisten Widerstand.

    Libyen ist aber eine völlig andere Situation! Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Gaddafi viele Anhänger und Unterstützer hat, nicht nur bei denen, die auf seiner Gehaltsliste stehen.

    Deutschland tut gut daran, sich dort nicht einzumischen.

    Den Einsatz mit Menschenrechtsverletzungen zu begründen, würde auch Einsätze in vielen, vielen anderen Ländern begründen! Noch zeichnet sich weder ein Völkermord noch eine Vertreibung ab, welche hinreichende Gründe gewesen wären.

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