Wahlen in den USA (III)

Beiträge 91 - 100 von 154
  • Die Schatten der Vergangenheit

    Wanli, 24.09.2008 15:55, Antwort auf #90
    #91
    Dank auch Dir, hmp!

    Kleines Detail am Rande: Ich glaube, dass Virginia und eventuell North Carolina und Indiana auch deshalb attraktive Ziele für Obama sind, weil diese Staaten in den letzten Wahlen solide republikanisch waren. McCain hat ja weit weniger Ressourcen in den Aufbau eines eigenen Ground Game (einer schlagkräftigen Organisation vor Ort) investiert als Obama; der Republikaner vertraut hauptsächlich auf die Reaktivierung der kampferprobten Bush-Maschine. Das klappt in traditionellen Battlegrounds (wie Ohio) allerdings besser als in Staaten wie Virginia - dort hat Bush ja nie richtig Wahlkampf machen müssen, weil die Demokraten ihm den Staat kampflos überlassen haben. Daher findet McCain dort auch weniger erfahrene republikanische Wahlkampfveteranen vor, um die herum er schnell ein schlagkräftiges Team aufbauen kann. Obama hat dagegen schon aus den Primaries eine sehr starke Organisation vor Ort - man erinnere sich, wie heiß umkämpft etwa North Carolina war. Und er hat auch im Sommer noch nen Haufen Geld in diese Staaten investiert.

    Wo wir schon bei Investitionen sind: Aus North Dakota, Montana, Georgia und Alaska ziehen die Demokraten momentan Ressourcen ab; in diesen Staaten liegt der Wahlkampf momentan auf Eis. Die endgültige Entscheidung über ein Ende der Wahlkampfanstrengungen hängt aber wohl davon ab, wie viele Neuwähler jeweils bis zum Ende der entsprechenden Frist zur Wählerregistrierung gewonnen werden können. Ist die Zahl ausreichend hoch, dann wird man den Wahlkampf in dem entsprechenden Staat wieder aufleben lassen.
  • Neue Umfragen USA: Obama profitiert von der Wirtschaftskrise

    carokann, 24.09.2008 19:37, Antwort auf #91
    #92
    http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,580120,00.html

    Es sieht so aus, dass mehr und mehr Amerikaner die Republikaner für die Misere verantwortlich machen.
    Die günstigsten Prognosen lauten auf eine 12 bis 18 Monate dauernde Rezession.
    McCain hatte seine Strategie viel zu spät und dann unfreiwillig komisch binnen Stunden umgestellt. Morgens hielt er noch seine "Our economy is strong Rede", Mittags kritisierte er die Regierung.

    ---------------------------------------------------------------------

    Eine CNN-Befragung ergab, dass 47 Prozent der Amerikaner die regierenden Republikaner eher für die Krise verantwortlich machen. Lediglich 24 Prozent sehen die Schuld eher bei den Demokraten.

    In einer neuen Umfrage des nicht-privaten Radionetzwerkes National Public Radio liefern sich McCain und Obama jedoch nach wie vor in den 14 umkämpften sogenannten "Battleground-States" ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

    In den vergangenen Wochen war der 47-jährige Obama erheblich in die Defensive geraten. In einigen Umfragen lag McCain, 72, bereits vorn, vor allem die Ernennung von Sarah Palin als Vize-Kandidatin hatte ihm Aufwind verschafft.

    Als wichtiges nächstes Datum, das über den Wahlausgang entscheiden könnte, steht am kommenden Freitag die erste Fernsehdebatte der beiden Präsidentschaftskandidaten an.
  • Re: Neue Umfragen USA: Obama profitiert von der Wirtschaftskrise

    Wanli, 24.09.2008 20:05, Antwort auf #92
    #93
    > Morgens hielt er noch seine "Our economy is
    > strong Rede", Mittags kritisierte er die Regierung.

    Wenn ich mich recht entsinne, ist er da ein bisschen falsch zitiert worden: Auf den von Dir erwähnten Satz folgte noch ein "aber". Wobei es natürlich egal ist, was er wirklich gesagt hat - so lange die Wähler glauben, dass er nicht kapiert, dass das Land in einer Wirtschaftskrise steckt, hilft das natürlich Obama. ABC und die Washington Post haben eine neue Umfrage veröffentlicht: Obamas Vorsprung bei der Frage, wer die ökonomischen Probleme besser verstehe, liege momentan bei 24 Punkten. Insgesamt prognostiziert die Umfrage 52% für Obama und 43% für McCain. Ein solcher Vorsprung im September habe in den letzten 60 Jahren immer zum Sieg gereicht.

    abcnews.go.com/Politics/Vote2008/story?id=5873320&page;=1

    > Als wichtiges nächstes Datum, das über den Wahlausgang entscheiden
    > könnte, steht am kommenden Freitag die erste Fernsehdebatte der beiden
    > Präsidentschaftskandidaten an.

    Auch hierzu ein Kommentar aus der amerikanischen Presse: Beide Kandidaten hätten in Debatten Schwächen gezeigt - McCain wirke mitunter arrogant oder unbeherrscht, Obama zu professoral; auch der non-verbale Ausdruck könne entscheidend sein:

    Steven Smith, a political science professor at Washington University in St. Louis, said both candidates have weaknesses they will need to overcome Friday.

    Obama's speaking style often undermines his ability to be persuasive, Smith said.

    "He has kind of a halting speaking style when he's in a debate or an interview," Smith said. "He does come across as fairly genuine or earnest, which is a good way to appear. But he comes across as a little unsure of himself at times and almost too lawyerly, very self-consciously choosing his words."

    McCain, on the other hand, can come across as arrogant and dismissive, he said.

    "He'll offer a good line with all seriousness and then crack a smile as if he was proud of himself for reading the script properly," Smith said. "His challenge is to show that he has superior experience and knowledge without wearing it on his face."

    Sometimes it's how a person seems and not what he says that can change a voter's mind during a debate.

    Gore's deep sighs expressing irritation with George W. Bush in 2000 turned out to irritate voters instead. Michael Dukakis' lack of emotion in 1988 when asked if he would favor the death penalty if his wife were raped and murdered raised questions among the electorate about his character. And when George H.W. Bush looked at his watch in 1992 rather than concentrating on his opponents, Bill Clinton and Ross Perot, voters wondered whether he was bored by questions they wanted asked.

    www.chicagotribune.com/news/nationworld/chi-campaign-debate_wedsep24,0,4015381.story

    Edit: Einen Überblick über die jüngsten landesweiten Polls liefert die Seite:
    www.politico.com/news/stories/0908/13829.html
  • Debatte verschoben?

    Wanli, 25.09.2008 15:26, Antwort auf #93
    #94
    McCain hat vorgeschlagen, die morgige Debatte zur Außenpolitik zu verschieben, bis die Finanzkrise gelöst ist. Er will in der Hauptstadt an einer solchen Lösung mitwirken. Darüber hinaus hat er Wahlkampfveranstaltungen und Fernsehspots abgesetzt. Schon faszinierend, was für gegensätzliche Charaktere da am Werk sind. Wenn wir es mit einer Schachpartie zu tun hätten, wäre Obama der Spieler, der möglichst wenig riskiert und versucht, langfristig eine dominante Position auf dem Brett aufzubauen. McCain ist eher der unkonventionell-impulsive Typ, der seinen Gegner mit hochriskanten Zügen zu Fehlern verleiten will.

    Obama hat sich drei Tage Zeit genommen, um sich auf die Debatte vorzubereiten. McCain hat sich wohl kurz mit seinen Beratern zusammengesetzt, aber dann plötzlich beschlossen, das Palaver einfach abzusagen. Keine Ahnung, wie das auf die Wähler wirkt. Entweder man sieht McCain als den Staatsmann, der in Zeiten der Not auf albernen, oberflächlichen Wahlkampf verzichtet, um unmittelbar etwas für das Land zu tun. Oder man sieht es als Verzweiflungstat eines verunsicherten Politikers, der sich lieber nach Washington flüchtet, als sich seinem Gegner fair zu stellen. Für letztere Interpretation spricht zumindest, dass John ja kein ausgewiesener Wirtschaftsexperte ist und wahrscheinlich selbst nicht genau weiß, was er in Washington denn nun genau erreichen soll. Immerhin: McCains unorthodoxe Spielzüge (erst die Nominierung Palins, jetzt die kurzfristige Absage) geben dem Wahlkampf eine gewisse Spannung.

    Die parteinahen Medien trommeln schon entsprechend für ihre Interpretation der Vorkomnisse. Zuerst die Konservativen:

    "If candidate McCain, for whatever mixed motives, ends up acting in a way that results in a deal that is viewed as better than the original proposal, and that seems to stabilize the markets and avert a meltdown--he'll benefit politically, and he deserves to. For McCain will have acted presidentially in the campaign--which some voters, quite reasonably, will think speaks to his qualifications to be president.
    [...]
    So the action of these few days becomes more important than the talk of that hour and a half Friday night. One could even say the contrast between the two men in action becomes the true debate over who should be president."
    www.weeklystandard.com/weblogs/TWSFP

    Und dann die Linken:

    "The more I think about it, the more I think McCain committed hara-kiri today. The problem is that McCain has basically ceded his claims to "manliness"--one of the things you absolutely can't do when running for president. With Obama arguing (plausibly) that you have to be able to run for president and handle a crisis at the same time, McCain looks like he's either ducking the debate or not up to the job. But, having announced he won't debate, McCain' can't exactly show up Friday--it'll look like he's caving to Obama.

    It's all the more problematic for McCain, for whom "manliness" has been one of the few distinct advantages to this point."
    blogs.tnr.com/tnr/blogs/the_stump/archive/2008/09/24/mccain-s-manliness-problem.aspx
  • Re: Debatte verschoben?

    Wanli, 27.09.2008 07:40, Antwort auf #94
    #95
    Nun hat sie doch wie geplant stattgefunden. Wer sich das Palaver zu Gemüte führen will, kann die Debatte hier finden:

    www.washingtonpost.com/wp-srv/politics/interactives/campaign08/debates/

    Natürlich immer schwer zu sagen, wer da nun die Nase vorn hatte. Die Washington Post findet, McCain habe etwas besser ausgesehen. Was werden die Wähler denken?

    voices.washingtonpost.com/thefix/2008/09/the_mississippi_debate_first_t.html
  • Re: Debatte verschoben?/CBS Poll

    Blubb82, 27.09.2008 11:10, Antwort auf #95
    #96
    Einer CBS-Umfrage unter Unentschlossenen nach hat Obama das Duell gewonnen.37% für Obama, 24% für McCain, der Rest meint es war ein Unentschieden.McCain hatte Vorteile bei der Aussenpolitik, wurde aber bei Wirtschaftsfragen 2:1 von Obama geschlagen.
    Man muss bedenken, dass es DIE Debatte war die McCain dominieren musste, nachdem Aussenpolitik noch das einzige Thema ist bei der er führt, dementsprechend waren auch die Erwartungshaltungen, alles andere als ein klarer Sieg McCains ist schon wieder gut für Obama.
  • Re: Debatte verschoben?/CBS Poll

    Wanli, 27.09.2008 11:53, Antwort auf #96
    #97
    Auch bei anderen Umfrageinstituten liegt Obama bei der Frage nach dem Debattensieger vorn:

    Insider Advantage Obama 42, McCain 41;
    CNN Obama 51, McCain 38.

    time-blog.com/real_clear_politics/2008/09/the_post_debate_polls.html

    Die Medien sind gespalten: Ein Besuch auf RCP zeigt wieder ewig viele Kommentare zum Thema; manche loben den einen, manche den anderen. Scheint auf jeden Fall ne faire und informative Veranstaltung gewesen zu sein; wohl auch gut moderiert.

    Ein Lob für McCain: www.politico.com/news/stories/0908/14005.html

    Und eins für Obama: www.time.com/time/politics/article/0,8599,1845114,00.html
  • Re: Debatte verschoben?/CBS Poll

    Blubb82, 27.09.2008 12:06, Antwort auf #97
    #98
    Auch für Obama war eine von diesen lustigen Frank Luntz focus groups auf Fox News.Da hats während den primaries übrigens eine focus group mit special guest...JOHN CLEESE gegeben!John Cleese diskutiert Politik auf Fox News, war extrem surreal, pythonesque halt.
  • Wir sind alle Georgier!

    Wanli, 27.09.2008 12:30, Antwort auf #98
    #99
    Auch Obama will Georgien und die Ukraine gern in die Nato holen - na super, da steht uns ja noch was bevor...

    Vielleicht sind Wahlkampf und Debatten auch wirklich ein Wiedergänger von 1980: Ein Kandidat (Obama) muss gar nicht toll punkten, sondern einfach nur vertrauenserweckend und präsidential erscheinen, um die Amis an den Gedanken zu gewöhnen, dass er demnächst im Weißen Haus Platz nimmt. Ganz gut fasst es meiner Meinung nach Slate zusammen:

    "Before I get spun, I'd say: small, Pyrrhic victory for McCain. McCain wanted to make Obama seem naive and inexperienced. He did about 40% of that. Obama wanted to make McCain seem dangerously ambitious, bellicose and hotheaded. He did 0% of that. But a) the foreign policy stuff came after a long period on the economy, where McCain seemed a bit frenetic and Obama had the upper hand; and b) Obama didn't seem non-credible, which may be enough to carry him through given all the other advantages he has."

    www.slate.com/id/2200580/

    Auch die anschließenden Umfragen legen nah, dass Obama in der Wahrnehmung vieler Wähler an Statur gewonnen hat:

    "Obama went from a +18 on "understanding your needs and problems" before the debate to a +56 (!) afterward. And he went from a -9 on "prepared to be president" to a +21."

    blogs.tnr.com/tnr/blogs/the_plank/archive/2008/09/27/why-voters-thought-obama-won-and-why-the-pundits-didn-t-get-it.aspx
  • Compalin Performance

    Wanli, 28.09.2008 19:07, Antwort auf #99
    Der Spiegel hat eine Passage aus dem Interview, das Palin letzte Woche gegeben hat. Eieiei:

    www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,580937,00.html

    Saturday Night Live hat das Interview nachgestellt - ist aber auch nicht viel absurder als das Original:

    www.nbc.com/Saturday_Night_Live/video/clips/couric-palin-open/704042/

    Selbst bei den richtig Konservativen wird man langsam nervös. In der "National Review" fordert ein Artikel Palin zum freiwilligen Rückzug auf und ätzt angesichts ihres Nonsens-Gestammels: "If BS [Bullshit] were currency, Palin could bail out Wall Street herself."

    article.nationalreview.com/?q=MDZiMDhjYTU1NmI5Y2MwZjg2MWNiMWMyYTUxZDkwNTE=

    Am Donnerstag steigt die Debatte gegen Biden - die muss ich unbedingt irgendwo finden, das sollte recht amüsant werden...
    Das Obama-Team bemüht sich derweil, Palin zur gewieften Rednerin hochzujazzen, um die Erwartungshaltung vor dem Schlagabtausch nicht ins Bodenlose sinken zu lassen - momentan würde Palin wahrscheinlich schon zur Siegerin erklärt, wenn sie ihren Namen richtig ausgesprochen bekäme:

    blogs.tnr.com/tnr/blogs/the_stump/archive/2008/09/27/the-audacity-of-plouffe.aspx

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