Wir haben eine Demokratie. Das ist auch gut so. In einer Demokratie gibt’s Abstimmungen und Wahlen. Bei komplexen, multiplen Abstimmungen kann’s manchmal passieren, dass die Abstimmung keine Entscheidung bringt.
Das ist völlig normal. Es ist sowohl theoretisch vorhersehbar, wie es auch in der Praxis geschieht. Wie eben in der Frage, wer Österreich wie in den nächsten Jahren regieren soll.
Wir haben zwar einen „Wahlsieger“, allerdings denkbar knapp, der Vorsprung ist minimal. Hinzu kommt, dass das „linke Lager“ mit der S zwar die stärkste Einzelpartei stellt, aber insgesamt keine Mehrheit hat. Die diversen Koa-Ansagen tun ein übriges. Fazit: eine klassische Patt-Situation, wie sie in der Demokratie eben vorkommen kann.
Die logische Vorgangsweise in so einem Fall ist, dass man eben noch einmal abstimmt. Das hat nichts damit zu tun, „so lang wählen zu lassen, bis das Ergebnis passt“. Es gab eben kein echtes Ergebnis.
Warum nun erklärt uns alle Welt vom Bundespräsidenten abwärts, Neuwahlen seien die größte Katastrophe für Österreich, quasi seit der Niederlage im Spanischen Erbfolgekrieg? Das ist unbegreiflich. Ich seh‘ daran überhaupt nichts Schlimmes.
Es scheint mir auch sinnfrei, noch schnell an Regierungen zu basteln, die erst recht nur zu baldigen Neuwahlen führen:
Kommt’s doch noch zur GroKo, dann ist das offenbar eine allseits ungeliebte Variante, und hält keine 12 Monate. Sie dient der S nur dazu, Gusenbauer als Kanzler in die Neuwahl schicken zu können. Und sie dient der V dazu, Grasser als Finanzminister und Vizekanzler zu installieren und zum neuen Spitzenkandidaten aufzubauen. Wer immer meint, damit besser voran gekommen zu sein, wird aus der GroKo aussteigen.
Dafür Minister zu ernennen, Kabinette einzurichten, Ministerstäbe zu bestellen etc., verursacht nur erhebliche Spesen. Bringt schlicht nix, außer Zeit- und Geldverbrauch.
Eine allfällige S-Minderheitsregierung wäre noch sinnloser. Sie hat mangels Parlamentsmehrheit kaum Handlungsspielraum, keine längerfristige Überlebenschance und dient wie oben bloß der Positionierung Gusenbauers. Wozu soll man das bezahlen?
Eine Minderheitsregierung ist die V-Z-Übergangsregierung auch, da kann man gleich die belassen und sofort zur Neuwahl schreiten. Das kommt erheblich billiger und geht bedeutend schneller.
Fazit: sofortige Neuwahlen ohne Wenn und Aber, ohne weiteres Herumgeeiere und ohne weiteres Regierungsbildungstheater, das zu nix führt. Dass in einer Demokratie hin und wieder ein zweites Mal abgestimmt werden muss, ist weder außergewöhnlich, noch katastrophal, sondern normal.
1) Es wurde am 1. Oktober keine Regierung, sondern der Nationalrat gewählt. Daß dieser arbeitsfähig ist, hat er ja schon gezeigt.
Bevor man das Spiel der freien Kräfte nicht probiert hat, kann man nicht sagen, daß dieses gescheitert wäre.
2) Wer sagt, daß eine erneute Wahl nicht genauso ausgeht wie jetzt? Was dann?
Wählt man dann noch einmal (zum 3. Mal) oder tauchen dann auf einmal Lösungen auf, die es jetzt nicht gibt?
3) Eine Regierung kann auch ohne Mehrheit im Nationalrat einiges (per Verordnung) entscheiden. Arbeitsfähig wäre sie auch so.
Und wieso soll es nicht möglich sein, für gewisse Gesetze Mehrheiten im Nationalrat zu finden? Müssen ja nicht immer die selben Mehrheiten sein.
Eine Mehrheit im Nationalrat kann es sogar gegen Rot geben. Wenn die Schwarz-Nlau-Orange-Grüne Opposition gemeinsam Gesetze beschließt, wieso nicht?
das ist reine Theorie. Faktisch sind in der Konstruktion des öst. Staats Regierung und NR so von einander abhängig, dass die "freie Bildung von Mehrheiten" nicht funktioniert (und deshalb auch noch nie versucht wurde).
Im Detail:
> 1) Es wurde am 1. Oktober keine Regierung, sondern der Nationalrat gewählt.
> Daß dieser arbeitsfähig ist, hat er ja schon gezeigt.
Er hat gerade zwei U-Ausschüsse zustande gebracht. Kein Gesetz, schon gar kein Budget. Das kann er auch nicht, weil ihm schon die Stäbe und Kabinette zur Formulierung von Gesetzen vollständig fehlen. Die hat nur die Regierung, weshalb Gesetze üblicherweise auch von dieser initiiert werden.
> 2) Wer sagt, daß eine erneute Wahl nicht genauso ausgeht wie jetzt?
Das ist höchst unwahrscheinlich.
> 3) Eine Regierung kann auch ohne Mehrheit im Nationalrat einiges (per
> Verordnung) entscheiden.
Das kann sie nicht. Für jede einzelne Verordnungen muss sie ausdrücklich per Gesetz, also vom NR, ermächtigt sein. Das ist die Basis des demokrat. Rechtsstaats: Die Regierung kann nur tun, wofür sie eine gesetzliche Ermächtigung hat.
> Und wieso soll es nicht möglich sein, für gewisse Gesetze Mehrheiten im
> Nationalrat zu finden?
Für einzelne Gesetze kann das funktionieren, aber nicht für eine konsistente, in sich logische Gesetzgebung. Und schon gar nicht für komplexe Gesetze, wie ein Budget samt Begleitgesetzen, die alle haarklein aufeinader abgestimmt sein müssen
Bitte Folgendes bedenken: Eine Minderheitsregierung haben wir in Form der Übergangsregierung V-Z auch. Sie hat sogar mehr NR-Abgeordnete (V + Z) hinter sich, als es eine reine S-Minderheitsregierung hätte. Warum wird sie von aller Welt als "handlungsunfähig" angesehen?
Wenn das so funktionieren könnte, wie Du schreibst, könnte man ja gleich die V-Z-Minderheitsregierung im Amt belassen, die hat sogar noch mehr Unterstützung im NR.
wenn die GroKo zustande kommt, hält sie 8 jahre, da gehe ich jede wette ein. das ist auch der grund, warum sich die ÖVP ziert, 8 jahre 2. sein, ist für die partei kein honiglecken
> Er hat gerade zwei U-Ausschüsse zustande gebracht. Kein Gesetz, schon gar
> kein Budget.
Ja, dafür blieb noch keine Zeit.
> Das kann er auch nicht, weil ihm schon die Stäbe und Kabinette
> zur Formulierung von Gesetzen vollständig fehlen. Die hat nur die
> Regierung, weshalb Gesetze üblicherweise auch von dieser initiiert werden.
Ein nicht unbeachtlicher Teil der Gesetze ist durch Initiativanträge entstanden. Außerdem gibt es ja eine Regierung (welcher Coleur auch immer), die Gesetze einbringen kann.
Der Nationalrat kann diese dann ja nach seinem Belieben ändern.
Schon in der Vergangenheit wurden Regierungsvorlagen erst nach Änderungen in den Ausschüssen beschlossen.
> > 3) Eine Regierung kann auch ohne Mehrheit im Nationalrat einiges (per
> > Verordnung) entscheiden.
>
> Das kann sie nicht. Für jede einzelne Verordnungen muss sie ausdrücklich
> per Gesetz, also vom NR, ermächtigt sein. Das ist die Basis des demokrat.
> Rechtsstaats: Die Regierung kann nur tun, wofür sie eine gesetzliche
> Ermächtigung hat.
Solche Gesetze gibt es schon.
> Für einzelne Gesetze kann das funktionieren, aber nicht für eine
> konsistente, in sich logische Gesetzgebung. Und schon gar nicht für
> komplexe Gesetze, wie ein Budget samt Begleitgesetzen, die alle haarklein
> aufeinader abgestimmt sein müssen
Als ob das vorher reibungslos funktioniert hätte. Wie gesagt, nicht alle Regierungsvorlagen werden einfach durchgewunken.
> Bitte Folgendes bedenken: Eine Minderheitsregierung haben wir in Form der
> Übergangsregierung V-Z auch. Sie hat sogar mehr NR-Abgeordnete (V + Z)
> hinter sich, als es eine reine S-Minderheitsregierung hätte. Warum wird sie
> von aller Welt als "handlungsunfähig" angesehen?
Weil diese Minderheitsregierung explizit weder von Rot, noch von Grün oder Blau geduldet wird.
Würde sie offen kundtun, daß sie länger im Amt bleiben möchte, dann wird der Nationalrat ihr stehenden Fußes das Vertrauen versagen. Die SPÖ hat das indirekt schon angekündigt, die FPÖ ist auf das BZÖ sowieso nicht gut zu sprechen und auch die Grünen werden nicht dagegen sein.
> Wenn das so funktionieren könnte, wie Du schreibst, könnte man ja gleich
> die V-Z-Minderheitsregierung im Amt belassen, die hat sogar noch mehr
> Unterstützung im NR.
Nein, sie hat eine deklarierte Mehrheit gegen sich, eine rote Minderheitsregierung nicht unbedingt.
Ich sehe am jetzigen Zustand nichts schlechtes. Wenn die Gesetzesflut ein paar Monate versiegt ist das doch nur positiv, das meiste was im Parlament beschlossen wird wäre ohnehin am besten beim Altpapier aufgehoben. Mögen die Staatsorgane möglichst lange mit sich selbst beschäftigt sein, dann hat man als Bürger seine Ruhe.