@Buckley: Auch dem kann ich zustimmen. Prozedural ist die Gabriel-Kiste für mich noch gar nicht ausgemacht, ganz abgesehen davon, dass es, wenn es so läuft ein Schuss ins eigene Knie wird.
Worum es mir aber eigentlich geht ist, dass in der SPD viele viel einflussreichere Leute als "die Basis" übergangen wurden und dass Nahles nicht gerade befreundet ist mit Gabriel.
Es galt in der SPD schon immer die Steigerung: Feind -- Erzfeind -- Parteifreund
> Warum aber soll nicht ein unverbrauchter und unterbeschäftigter Typ wie
> Thorsten Schäfer-Gümbel den SPD-Vorsitz übernehmen, der mit ruhiger Hand
> und ohne zu viele Verpflichtungen durch Seilschaften die SPD erst mal wieder
> zur Ruhe bringt?
>
Ich weiss nicht, ob TSG dafür das nötige Format mitbringt. Das ist nur eine Bauchentscheidung, zugegeben. Ich bin weder SPD-Mitglied noch Wähler, insofern habe ich das nur als externer Beobachter im Blick. Ich vermute nur, dass ihm nicht genug SPDler das nötige Kampfgewicht zutrauen und ihn daher nicht wählen würden. Ich hätte damit selbst meine Probleme. Die Ruhe hat er schon weg, das stimmt, aber taugt er als Visionär und als vorderstes öffentliches "Gesicht" der SPD?
Die Personalfragen sind aber eigentlich nur ein Teil des Problems. Ein viel größeres Gschmäckle hat der Umstand, dass sich die SPD mal wieder im Hauruckverfahren einen Vorsitzenden verordnet. Das birgt natürlich Zündstoff. Angesichts der inneren Verfasstheit der SPD und gerade aufgrund des inneren Demokratiedefizits, das die SPD die letzten Jahre gekennzeichnet hat, wäre es bestimmt besser gewesen, das Amt des Vorsitzenden erst mal durch die Stellvertretung im Sinne eines geschäftsführenden Vorsitzes wahrnehmen zu lassen und die Nachfolge über einen innerparteilichen Wahlprozess zu klären. Mit Kandidaten, die die Runde machen, etc. pp.
> Ich gehe davon aus, dass es für die SPD eine Wiedervereinigung mit der
> Linken geben muss und zwar innert 5 bis 10 Jahren. Bevor das geschehen kann
> muss erst mal für die Wähler verständlich formuliert werden was SPD heute
> und in Zukunft bedeuten soll.
>
> F.
> Wowereit hat das lähmende hin und her nicht zugelassen und binen 48 h die
> Entscheidung forciert.
Naja, als Müntefering (1) kam, ließ man auch kein lähmendes Hin-und-Her zu. Als dann Platzeck kam auch nicht. Ebenso wenig als Beck kam. Dann kam Münte (2), auch ohne lähmendes Hin-und-Her. Immer wurde binnen 48 h die Entscheindung getroffen.
Genützt hat's nix.
Sehe eigentlich nicht, warum die bloße Vermeidung von "lähmendem Hin-und-Her", anders gesagt: einer offenen Debatte um Identität und grundsätzliche Position der SPD, nun plötzlich so viel nützen sollte.
Fast scheint mir sogar, diese Debatte könnte unter Schröder, Münte... zu kurz gekommen sein, und gerade darin könnte ein gravierendes Problem der SPD liegen.
> Tut mir leid, wenn ihr mich für naiv haltet aber mich begeistert es schon,
> wenn endlich mal ein Ruck durch die SPD geht.
Kann vorderhand eigentlich keinen Ruck erkennen. Ein Ruck müsste ja erst mal, will mir scheinen, von einer inhaltlichen Positionierung ausgehen, die die Leute, nämlich die Parteimitglieder und dann die Wähler, begeistert.
Davon ist eigentlich nix zu bemerken. Statt dessen wird ein Ex-Minister einer abgewählten Regierungsfraktion im Gremialverfahren hinter verschlossenen Türen als neue Frontfigur installiert.
Damit die Flügelgeometrie in der Partei-Oligarchie im Gleichgewicht bleibt, wird der abgehalfterte Spitzenkandidat und ebenfalls Ex-Minister der gleichen abgewählten Regierungsfraktion im gleichen Gremialverfahren zum Fraktionssprecher.
Sehe eigentlich nicht, was die Basis und die Wähler daran so begeistern könnte.
> PS: Wer Gelegenheit hat die Statements Wowereits auf Morgen vor der
> Präsidiumssitzung zu sehen, der wird den Machtpolitiker Wowereit deutlich
> sehen.
Kann sein. Bei Schröder, Münte, Steini,... selbst bei der völlig gescheiterten Yps, die schon heftig in den Startlöchern für ihr Comeback scharrt, konnte man auch den/die Machtpolitkerin sehr deutlich sehen.
Mir will scheinen: eher zu deutlich. Weniger wär vlt mehr gewesen. ;-)
Kurz gesagt - die SPD macht weiter wie bisher: In der Spitzen-Oligarchie werden im üblichen Intrigenweg (und dass sie den können, ist ja unbezweifelbar, darin haben sie wahrlich Routine), schnell ein paar Sessel hin und her gerückt.
Irgendwie ist nicht zu erkennen, warum dieses Verfahren, das die Mitglieder und Wähler in der Vergangenheit in Scharen vertrieb, diese nun zurück bringen sollte.
Mir scheint eher die Idee, die SPD könnte als eine Art Wahlverein für ein paar Spitzenintriganten funktionieren, die einander - mehr oder weniger - gekonnt austricksen, mit dem aktuellen Wahlergebnis nachweislich gescheitert. Kein Wunder, der Grund für den Wähler, diese dann zu wählen, ist irgendwie nicht zu erkennen.
Statt dessen wär's vlt erfolgreicher, mit den "Leuten da draußen" in eine offene und ehrliche Diskussion einzutreten, was sie eigentlich wollen. Und das dann halt zum Programm zu machen.
Btw: Mir wird berichtet, in Wowereits Berlin waren die SPD-Verluste überhaupt die höchsten von allen Bundesländern.
"Erst die inhaltlich-konzeptuellen Entscheidungen, dann die personellen!"
Egal wer, Recht hat er.
In diesem Sinne ist natürlich eine interimsische Lösung, eine bewusste Vakanz, die als kommissarische Leitung oder Interregnum deutlich gekennzeichnet wird, im Sinne einer Moderatorrolle bei bewusst freigehaltenem Vorsitz eine sehr gute Lösung.
Dann eine Basisdiskussion in der Partei und Ur-Abstimmung über Inhalte und dann jemand suchen, der diese Inhalte glaubwürdig vertritt (Warum nicht einen professionellen Headhunter für die Kandidatenwahl engagieren?).
Am Ende, also im dritten Schritt dann, sollen die Mitglieder über die Kandidaten entscheiden, die ruhig in den Orstverbänden vortanzen sollen. Die Ortsverbände waren die Machtbasis von Helmut Kohl und sie waren eine sehr stabile Basis. (Anm. Als Merkel kam, waren nur noch Scherben einzusammeln)
>
>
> Btw: Mir wird berichtet, in Wowereits Berlin waren die SPD-Verluste
> überhaupt die höchsten von allen Bundesländern.
>
Das ist richtig, deshalb hat der Berliner Landesverband als erster den Rücktritt von Münte und den Stones gefordert UND die Abkehr von der Agenda 2010.
Berlin leidet besonders unter der Agenda-Politik.
Hier ist das alles mit Händen zu greifen!
Im übrigen wird in der SPD wieder diskutiert und der Parteitag wird sicher interessanter als unter Heil und Münte.
Steinmeier als Fraktionschef war leider nicht zu verhindern aber das war der Preis für eine komplett neue Spitze aus ALLEN Richtungen der Partei.
So ist das nun mal. Die Presse wurde kalt erwischt und das war ganz wichtig. Wenn ich an den monatelangen Quark während des Kanzlerkandidatenmarktes denke.
Vielleicht tauchen ja noch Gegenkandidaten auf. Es ist aber unwahrscheinlich, dass Wolfgang Clement kandidiert.
-))
Übrigens wurde die personale Verjüngung vom Autokraten Müntefering jahrelang hintangestellt.
Man vergleiche die ausgebombte CDU 1998 mit der unter Merkel 2003.
Vielleicht gelingt dies der SPD auch. Es ist sogar zu wünschen, denn bis die Piraten bei 20% sind .. das kann dauern. -)
> Es ist sogar zu wünschen, denn bis
> die Piraten bei 20% sind .. das kann dauern. -)
Das ist nicht drin. Die Piraten sind eine monothematische Gruppe + werden es vmtl bleiben. Sie werden von Leuten gewählt, denen dieses eine Themenfeld (Grund- und Freiheitsrechte, Selbstbestimmung des Individuums, Stopp des Abbaus der Demokratie und der politischen Partizipation) über alles wichitg ist.
Das passiert aber erst bei hohem Leidensdruck.
Nach weiteren vier Jahren Schäuble-Zypries-Leyen-Steinmeier-Struck wäre der Leidensdruck allerdings so enorm geworden, dass vmtl sogar der 30er für die Piraten drin gewesen wäre. ;-)
Dazu wird's aber nicht kommen. Was aber doch drin ist, ist ein Positionswechsel zwischen Linker und SPD. Das kann passieren.
Wie Gysi sagte: Warum sollen wir uns die DDR zurück wünschen, wenn wir doch die ganze BRD regieren können. ;-)
> Man vergleiche die ausgebombte CDU 1998 mit der unter Merkel 2003.
Kann man nicht vergleichen. So "ausgebombt" - schreckliches Wort - wie die SPD derzeit, war die CDU nie. Die Union hatte '98 immer noch 35% (bei einem Verlust von 6%).
Auch haben weder Kohl noch Merkel (noch Stoiber) die eigene Parteibasis, deren Interessen, Wünsche und Bedüfnisse, je derartig ignoriert, wie die SPD-Spitze die ihre in den letzten 11 Jahren. Egal, ob da gerade der "linke" oder der "rechte" Flügel das Sagen hatte.
Ginge auch gar nicht, weil sich die bürgerliche Klientel dergleichen viel weniger gefallen lässt, als die ohnehin mit ihrer Partei extrem geduldige SPD-Basis.
Die SPD muss wieder in einen Dialog mit der eigenen Klientel eintreten. Also im Prinzip mit sich selbst. Hektisches Sesselrücken innerhalb der Oligarchie, selbst unter noch so genialischer Überlistung der Presse, kann das nicht ersetzen
Ein solcher Dialog würde manch Erstaunliches zutage fördern.
Ich behaupte mal forsch: Schon dieses "Rechter-Flügel-und-Linker-Flügel"-Gerede würde schlagartig obsolet. Dergleichen existiert an der Basis gar nicht. Dort haben die Leute Interessen (diese insbesondere), Ideen, Vorstellungen, vlt auch Sehnsüchte, und das recht bunt durcheinander.
Diese einander ausschließenden Themen-Konglomerate, in dieser paketierten Form, wie sie der "rechte" und der "linke" Flügel repräsentieren, das gibt's an der Basis gar nicht.
Wenn man vom "rechten" und vom "linken" Flügel spricht, hat man sich bereits die Perspektive der Oligarchie zu eigen gemacht. Nur innerhalb der Oligarchie und in ihrer Sicht gibt's das überhaupt.
Dem einfachen Aktivisten, dem einfachen Wähler wird dann gesagt: Jetzt ist wieder mal der rechte Flügel am Ruder mit dieser Agenda, jetzt wieder mal der linke mit jener Agenda, dann hat wieder der rechte zurück geschlagen, und nun wieder der linke... Und der einfache Aktivist oder Wähler staunt nur noch, wo sich das Ringelspiel an der Spitze mal wieder hin geringelt hat. Nach einigem solchen Hin und Her wird ihm schwindlig, kein Wunder.
Interessiert hat ihn das ohnehin immer nur wegen des Unterhaltungswerts - der aber auch immer schwächer wird.
Leider sehe ich in der aktuellen Reaktion der SPD-Oligrchie nur eine weitere Volte einiger eitler Polit-Komödianten, die der Basis, den Wählern, kaum besser zu verkaufen sein wird, als die vorigen.
Müntefering hatte wohl geglaubt, dass er die potenziellen Nachfolger gegeneinander ausspielen könnte, um Steinmeier zu seinem Nachfolger zu machen. Wowereit und Gabriel hatten sich geeinigt damit hatte Münte nicht gerechnet.
Durch die koordinierte Aktion von Gabriel-Wowereit und Kraft konnte die Agonie beendet werden.
Münte geht mit Steinmeier fröhlich! einen trinken - wie heute in den Nachrichten! zu sehen, aber das hat nach dem erzwungenen Rückzug der beiden keine Bedeutung mehr. Steinmeier ist Fraktionsvorsitzender auf Bewährung - das ist aber auch alles.
Gabriel derweil tut das was getan werden muss nämlich mit den Landesverbänden sprechen - denn dort bei den Mitgliedern liegt die Zukunft.
Gabriel macht das ganz richtig. Er wird nicht von der Presse gewählt sondern von den Delegierten des nächsten Parteitages.
Münte würde sagen: "Klappe zu - Ohren auf" Hätte er sich mal selbst daran gehalten.
Der bisherige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel soll neuer SPD-Chef werden. Darauf hat sich nach übereinstimmenden Informationen mehrerer Nachrichtenagenturen eine SPD-Spitzenrunde in Berlin verständigt. Der 50-Jährige tritt damit die Nachfolge von Franz Müntefering an. Den Generalsekretärsposten soll eine Frau übernehmen.
01. Oktober 2009 Die engste SPD-Spitze hat sich auf Umweltminister Sigmar Gabriel als neuen Parteichef verständigt. Dies berichten mehrere Nachrichtenagenturen übereinstimmend unter Berufung auf Parteikreise. Generalsekretärin soll die bisherige Vize-Vorsitzende Andrea Nahles werden. Unter den vier Stellvertretern sollen der amtierende Arbeitsminister Olaf Scholz, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit sowie die nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Hannelore Kraft sein. Als neue stellvertretende SPD-Vorsitzende genannt wird auch die 35 Jahre alte Sozialministerin in Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig.
An der Runde in Berlin hätten neben Gabriel und Nahles auch der amtierende SPD-Vorsitzende Franz Müntefering und Scholz teilgenommen, hieß es. Über die Personal-Vorschläge für den Parteitag Mitte November soll am Montag der SPD-Vorstand beraten. Zu dieser Sitzung sind auch die Landes- und Bezirksvorsitzenden eingeladen.
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Anm. des Teams:
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>Gabriel macht das ganz richtig. Er wird nicht von der Presse gewählt sondern von den Delegierten des nächsten Parteitages.<
Wunschdenken, Er ist in Hinterzimmern irgendwelcher Kneipen von den SPD Spezies ausgeguckt worden. Der wird nicht von den Delgierten gewählt. Die bekommen nen Tagesablauf des Parteitages mit den Stellen rot angestrichen, an denen sie klatschen, Gabriel ankreuzen und nicken müssen.
Wenn Gabriel dann nur 91% der Stimmen bekommt ist das nen Zeichen für die hervorragende traditionelle Demokratiekultur in der SPD.
Ich hab nichts gegen Gabriel, auch nichts für ihn, aber das Verfahren ist entweder lächerlich oder dumm oder arrogant oder wir hams schon immer so gemacht. Oder alles zusammen.