"Japan is looking at an INES Level 4 Accident: Nuclear accident with local consequences. That is bad for the company that owns the plant, but not for anyone else."
Das klingt jetzt ein ganz klein wenig zynisch in meinen Ohren. Die Japaner halten sich ja zurück mit Infos, und haben das Ganze auch erst mal als Stufe 4 eingeordnet, wobei ich nach der Skalendefinition ja schon auf 7 komme. Klar ist, dass Menschen verletzt und kontaminiert wurden, davon werden m. A. n. nicht alle überleben. Außerdem ist Cäsium 134 ausgetreten, Halbwertszeit 30 Jahre. Weitere Radioaktivität wird zwingend bei allen drei Reaktoren austreten, ob durch Wasserdampf, weitere Wasserstoffexplosionen, Druck ablassen oder Meerwasser einführen. Und ob das Durchschmelzen soo unwahrscheinlich ist, bezweifle ich. "Local consequences" werden es nicht bleiben, bei hundertausenden Evakuierungen, nicht gewährleisteter nationaler Stromversorgung und heftigen Finanzreaktionen morgen. Die Expertenmeinungen könnten dem Ruf des MIT schaden. Ausgestanden ist es erst nach einer Woche, wenn die halbgeschmolzenen Kerne (von drei Raktoren, oder sechs?) abgekühlt sind.
"Wenn der Reaktortyp veraltet war und kurz vor der Stillegung stand, dann wird die Atombranche ganz geschwind erklären, dass heutige Reaktoren doch viel sicherer seien, ein neues Modell in Finnland soll ja sogar sicherstellen, dass im Falle einer Kernschmelze keine Kontamination der Umwelt zu befürchten ist."
Stimmt ja auch. Wenn man bedenkt, dass das ein pre-Tschernobyl-Reaktor ist und was ihm widerfahren ist, dann scheint sich das Ausmaß der "Nuklear-Katastrophe" zumindest im Moment sehr in Grenzen zu halten. Die Vergleiche mit Tschernobyl sind absurd - das Problem war ja nicht die Kernschmelze, sondern das Abbrennen der Graphitmoderatoren, durch das radioaktives Material großräumig verteilt wurde.
Idealerweise passiert bei einer Kernschmelze nur folgendes:
(Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Chernobyl_accident)
Die Panik, die von den deutschsprachigen Medien verbreitet wird, ist massiv überzogen. Dass dadurch die Berichterstattung über die anderen Tsunami-Folgen in den Hintergrund gedrängt wird, beinahe schon obszön. Aber OK, man benutzt halt jede sich bietende Möglichkeit, seine Agenda unter die Leute zu bringen oder seine Phobien zu kultivieren.
Nun, die entscheidende Frage scheint ja schlicht zu sein, ob man den Sicherheitsbehälter geflutet hat und notfalls Wasser nachpumpen kann.
Das blöde ist: Meerwasser ist nicht gerade das gleiche w ie destilliertes Wasser - wenn das abdampft bleiben ca. 3% NaCl zurück. Und das verhindert, dass man neues Wasser reinpumpen kann und ist auch ziemlich korrosiv, wie jeder Bootsbesitzer weiß. Ob es gelingt die Reaktoren ohne gröberen Schaden für die Region abzukühlen wird sich erst in ein paar Tagen weisen.
Was ich mich langsam frage als jemand, der als Kind Tschernobyl erlebt hat und von der Erfahrung geprägt worden ist: Wenn nicht mal eine so ungünstige Verkettung von Umständen wie jetzt in Japan (Monsterbeben, Tsunami, älterer Reaktortyp) zu einer ähnlichen Verwüstung führt wie damals in der Ukraine, sondern am Ende (hoffentlich) nur eine Kraftwerksruine und geringe Strahlenbelastung der unmittelbaren Umgebung zur Folge hat, dann ist die Angst vor dem GAU, die seit den Achzigern zig Jugendbücher und Demos gezeugt hat, vielleicht doch eher übertrieben - und die spezifisch deutsche Angst davor hat tatsächlich etwas Weltfremdes.
Das wär kein Grund, der Kernkraft nicht weiter kritisch gegenüber zu stehen, die Atommüllproblematik beispielsweise bleibt von solchen Überlegungen ja unberührt. Aber Ängste vor dem "nuklearen Holocaust" durch die zivile Nutzung der Atomkraft könnte man sich in Zukunft guten Gewissens schenken. Naja, mal sehen, wie sich die Dinge in Japan noch entwickeln.
EDIT: Wow, Bild geht in die Vollen. Komisch, dass sich die Horrorvision einer Massenpanik in Tokio so gar nicht mit den Berichten in anderen Medien deckt.
interessant wäre in diesem kontext zu wissen, wie nichtdeutsche - aber seriöse - medien das thema behandeln.
(mir fehlt leider momentan die zeit, mich selbst diesbezüglich klug zu machen)
http://www.bbc.co.uk/news/science-environment-12726628
Fazit:
Two days after the alarm was first raised about safety at Fukushima Daiichi plant, uncertainty still surrounds the situation on the ground and the status of the three reactors that were functioning at the time of Friday's earthquake and tsunami.
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Was ich mich langsam frage als jemand, der als Kind Tschernobyl erlebt hat und von der Erfahrung geprägt worden ist: Wenn nicht mal eine so ungünstige Verkettung von Umständen wie jetzt in Japan (Monsterbeben, Tsunami, älterer Reaktortyp) zu einer ähnlichen Verwüstung führt wie damals in der Ukraine, sondern am Ende (hoffentlich) nur eine Kraftwerksruine und geringe Strahlenbelastung der unmittelbaren Umgebung zur Folge hat, dann ist die Angst vor dem GAU, die seit den Achzigern zig Jugendbücher und Demos gezeugt hat, vielleicht doch eher übertrieben - und die spezifisch deutsche Angst davor hat tatsächlich etwas Weltfremdes.
Das wär kein Grund, der Kernkraft nicht weiter kritisch gegenüber zu stehen, die Atommüllproblematik beispielsweise bleibt von solchen Überlegungen ja unberührt. Aber Ängste vor dem "nuklearen Holocaust" durch die zivile Nutzung der Atomkraft könnte man sich in Zukunft guten Gewissens schenken. Naja, mal sehen, wie sich die Dinge in Japan noch entwickeln.
"Was ich mich langsam frage als jemand, der als Kind Tschernobyl erlebt hat und von der Erfahrung geprägt worden ist"
Das ist eine sehr gute Frage! Anfangen, zu reflektieren, dass man bei der Beurteilung von Sachfragen immer auch als Kind seiner Zeit Einschätzungen trifft; dass man bestimmten Interessen folgt, in diesem Fall Überlebensinteressen, die einem möglicherweise den an sich geschulten und geschärften Blick verstellen. Die Atomenergie ist letztlich nicht beherrschbar und sehr wahrscheinlich ein nicht wieder gut zumachendes Verbrechen gegenüber der Nachwelt.Im unterschied zu singulären Verbrechen wie Genoziden und dem Holocaust verlängert es sich in aus menschlicher Perspektive in's Unendliche.
Angenehme Träume!
die grosse frage ist und bleibt ob der schutzmantel (containment) erhalten bleibt
bis jetzt sind wir ungefähr dort wo 3miles island in der usa gestanden hat (soweit derzeit informationen verfügbar sind)
ein gau aber noch kein supergau
immer wieder mal kurz!!! leichte ansätze zur kernschmelze aber der kritische punkt wurde nur erreicht aber nicht überschritten
die einleitung von meerwasser (okay - kein reines meerwasser, aber das würde hier zu weit führen) war eine hopp oder tropp aktion - hat aber das schlimmste verhindert
das ganze ist noch halbwegs kontrolliert (es ist mehrmals anscheinend knapp vor dem supergau gestanden und nur hauchdünn wurde er vermieden)
wenn aber die kritische kerntemperatur überschritten wird UND das containment nicht funktioniert - dann kann man der ganzen region gute nacht sagen (und bei schlechter windrichtung auch tokio)
p.s.:in einem der anderen kritischen reaktoren wird auch plutonium verwendet - da sind die folgen dann nochmals schlimmer
p.p.s.:falls mit mehr glück als verstand die GROSSE katastrophe verhindert wird - soll das dann heissen alles ist in ordnung?
naja bei den erdbebenschäden können sie was machen
bei den akw-problemen nicht (flüchten geht derzeit nicht, helfen auch nicht, sich selber schützen auch nicht und medial wird beruhigt um eine panik zu vermeiden)
ausserdem ist man so einer katastrophe auch emotional in einem ausnahmezustand (das kann man sich so gar nicht vorstellen)
EDIT: Langsam kommt man wirklich ins Grübeln. Ein SPON-Artikel, der die Japaner für blöd erklärt, weil sie nicht in Panik geraten und den Tsunami-Schäden hartnäckig größere Aufmerksamkeit schenken als den angeschlagenen Kraftwerken. Alles, was an Nachrichten verbreitet wird, atmet hierzulande Endzeit-Stimmung. Die Deutschen und ihre ewige Lust am Weltuntergang...
1. Cäsium gemessen in Gebiet
2. weiträumige Evakuierung empfohlen
Lengsfelder sieht den SUPER-GAU. Eben in tagesthemen
Zur Person:
http://de.wikipedia.org/wiki/Edmund_Lengfelder
Die Regierung hat außerdem eine Sperrzone von 20 Kilometern um das Atomkraftwerk eingerichtet.
Lengfelder: "Um Tschernobyl [sueddeutsche.de] herum hat die Sowjetunion damals eine Sperrzone mit 60 Kilometern Durchmesser eingerichtet. Das war in manchen Gebieten bei weitem nicht ausreichend. Es waren Gebiete betroffen, die in bis zu 400 Kilometern Entfernung liegen. Andere Flächen waren zum Teil weniger belastet als der Bayerische Wald. Man muss kleinräumig messen und eine Karte der Belastung erstellen - was in einem Erdbebengebiet allerdings schwerer möglich ist."
Ist die japanische Bevölkerung ausreichend über die Gefahren aufgeklärt worden?
Lengfelder: "In allen Industrieländern, die auf Kernkraft setzen, ist die Bevölkerung über das Gefahrenpotenzial nicht aufgeklärt worden. Nicht einmal, wenn so etwas wie in Japan passiert. Alle Staaten, die ich kenne, bagatellisieren die Folgen und sagen, bei uns ist alles sicher."
Das heißt, in Japan könnte alles noch schlimmer sein als bisher verlautet?
Lengfelder: "Jede Regierung wird versuchen, die Wahrheit nur scheibchenweise an die Öffentlichkeit zu geben. Ich würde mich nicht wundern, wenn mehr Reaktoren betroffen wären."
Wie lange könnte Radioaktivität aus dem Reaktorgebäude in Japan austreten?
Lengfelder: "Dort könnte die Freisetzung 10, 20, 30 Stunden dauern. Problematischer ist es an der Küste, wo Radioaktivität durch Wassertropfen gebunden wird. Besonders schlimm ist es, wenn es regnet. Dann wird die Radioaktivität mit dem Boden verbunden."
Die Wetterbedingungen nach der Katastrophe wurden als günstig bezeichnet. Der Wind zog aufs Meer. Könnte die radioaktive Belastung dennoch eine große Gefahr sein?
Lengfelder: "Der Wirbel im Osten zieht ja derzeit nach Norden und dann erst aufs Meer hinaus. Diese Gebiete sind also betroffen. Und im Nahfeld des Kraftwerks kann es entgegen der Windrichtung zur Ausbreitung kommen. Wie gesagt: Das muss man kleinräumig messen."
Sie haben Tschernobyl angesprochen. Lässt sich die jetzige Katastrophe überhaupt damit vergleichen?
Lengfelder: "Der Ablauf ist bisher unterschiedlich. In Tschernobyl hatten wir eine massive Zerstörung der Gebäude. Das ist in Japan ja angeblich nicht der Fall - inwieweit das wahr ist, darüber kann ich nur spekulieren. Bei uns und in Japan haben Atomkraftwerke außerdem ein 20 bis 30 Mal so hohes Radioaktivitätsinventar, weil die Brennstäbe nicht alle paar Wochen ausgetauscht werden, sondern alle drei Jahre. Außerdem war die Besiedlungsdichte um Tschernobyl nur ein Zehntel so hoch wie bei uns - in Japan dagegen ist sie zwei- bis dreimal so hoch. Ich gehe davon aus, dass es schlimmer wird als in Tschernobyl."
Danke für den Link!
Schlussfolgerungen im BBC-Artikel:
Firstly, the reactors involved will not operate again, even if there has not been a meltdown. [...]
Secondly, the release of radioactive materials, whatever the route, is so far of only local importance. [...]
Thirdly, levels of radioactivity - although above safe limits - are far lower than were detected during the Chernobyl accident in Ukraine, for example.
So far, there is nothing to indicate that the 170,000 people displaced will not be able to return once the immediate danger has passed.
In den nächsten Wochen und Monaten finden u.a. folgende Wahlen und Abstimmungen statt – zu allen Terminen werden (voraussichtlich) Märkte aufgesetzt:
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1. Halbjahr
2. Halbjahr
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